Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 46

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Reformen, die wir in den letzten Jahrzehnten gehabt haben, dann darf Sie nichts mehr wundern, vor allem aber nimmt einem das jeden Optimismus auf Ihre künftige Politik. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Diese Geldbeschaffungsaktion halte ich noch dazu für eine unglaubliche Überheblichkeit. Sie haben offensichtlich das Gefühl, Sie brauchen sich gar nicht damit auseinanderzusetzen, Sie brauchen nicht in die Tiefe zu gehen, Sie brauchen gar nicht darüber nachzudenken, wen Sie mit der Gießkanne treffen. Sie brauchen gar nicht darüber nachzudenken, wo die wirklichen Ansatzpunkte sind, weil nichts davon kommt.

Diese Politikunfähigkeit sehe ich jetzt auch bei der aktuellen Diskussion, die wir dann noch konkreter führen werden, wenn der Initiativantrag über die Politikerbezüge der beiden Regierungsfraktionen eingebracht wird. Hier sieht man, in welcher Form reagiert wird. Man reagiert nicht einmal auf die Zustände, sondern auf das, was veröffentlicht wird. Und man reagiert, wie ich meine, ohne Rückgrat. Die einen – Kollege Höchtl hat inzwischen den Saal verlassen – verteidigen etwas, was sie unredlicherweise in Anspruch nehmen, und die anderen haben nicht den Mumm, zu erklären, was Argumentationsgrundlage für eine Regelung war. Alle miteinander treten die Flucht nach vorne an. Man versucht hier, eine Fassade für die Öffentlichkeit zu liefern, die im ersten Moment – ich bin davon überzeugt: nur im ersten Moment – weniger angreifbar scheint als das, was wir jetzt haben.

All das geschieht noch dazu unter Zeitdruck, und ich bin schon sehr neugierig, ob Sie uns, wenn wir es bekommen – heute oder wann auch immer Sie es einbringen werden –, uns auch wirklich darüber aufklären werden, mit welchen Auswirkungen das verbunden ist, mit welchen Auswirkungen des Verwaltungsaufwandes und mit welchen Auswirkungen des Kostenaufwandes. Gibt es hier, so wie wir es bei anderen Gesetzen auch immer haben, Schätzungen über die Auswirkungen? Und vor allem: Wie wollen Sie diesen doppelten Boden, den wir bislang hatten, beseitigen?

Und es kommt ja noch etwas dazu: Daß Sie geistige Leistung mit der Stechuhr messen wollen, ist auch ein ganz besonderes Politikverständnis, das Sie auszeichnet.

Wir haben heute hier einen neuen Wirtschaftsminister, und wir werden im Anschluß die Dinge noch konkreter behandeln, weil es um den Bericht über die wirtschaftliche Lage geht. Aber eines muß man schon sehen: daß sich dieser neue Wirtschaftsminister in eine nahezu zehnjährige ÖVP-Ministerriege auf diesem Gebiet einreiht und daß es daher zulässig ist, dieses nahezu zehn Jahre lang ÖVP-regierte Wirtschaftsressort ein bißchen dahin gehend zu analysieren, was es uns hinterlassen hat.

Es war interessant, Vizekanzler Schüssel zuzuhören, welche Erwartungen er an den Minister stellt. Es ist auch notwendig, diese an ihn zu stellen, denn die Situation ist alles andere als rosig. Ich frage mich nur, warum er in seinen sechs Jahren Ministerschaft nicht bereits diese Erwartungen erfüllt hat. Das wäre vielleicht ein eigenständiger Beitrag gewesen.

Tatsache ist, daß laut OECD-Bericht die Selbständigenquote unseres Landes das Schlußlicht bildet. Man braucht es nur zu wiederholen: Wir haben eine Selbständigenquote von 6,3 Prozent, der europäische Schnitt ist 10,8, wir liegen daher im Schlußfeld. Dafür liegen wir in den Lohnnebenkosten, wie jeder weiß, im Spitzenfeld. Das heißt, wir haben derzeit 98,3 Prozent Lohnnebenkosten, wobei es bei den Arbeitern sogar über 100 Prozent, nämlich 102,3 Prozent sind.

Dazu kommt noch folgendes: Es sind sich alle einig, insbesondere die ÖVP spricht immer davon, daß die Lohnnebenkosten gesenkt werden sollen. Jetzt sind wir mitten in der Diskussion darüber, ob man nicht die Höchstbemessungsgrundlage erhöhen und damit auch wieder die Lohnnebenkosten erhöhen soll. Das muß man auch einmal wissen.

Aber wir haben – unter anderem aus diesen Gründen – noch andere Zahlen aufzuweisen, nämlich was unsere Wettbewerbsfähigkeit betrifft. Laut Studien vom World Economic Forum und vom IMD sind wir in den letzten Jahren vom 11. auf den 16. Platz gerutscht.


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