Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 58

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. – Herr Abgeordneter, aufgrund der Kontingentierung der Redezeit stehen Ihnen noch 4 Minuten zur Verfügung.

13.11

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Ich muß mich sehr knapp halten.

Zunächst: Ihr Vizekanzler und Parteichef hat Sie ausdrücklich als Sozialpartnerfunktionär gelobt. Sie werden verstehen, daß wir in dieses Lob nicht einstimmen, und zwar aus einem Grund, der so schön auch in der Laudatio des Herrn Vizekanzlers zum Ausdruck gekommen ist, der so schön gegenübergestellt hat: Sozialpartnerschaft oder das Chaos der Straße. Ich glaube, es ist in Wahrheit eine Abwertung unserer parlamentarischen Demokratie, wenn wir uns in dieser pluralistischen, demokratischen Form nicht zutrauen, ohne Chaos und ohne Straße auszukommen. – Das einmal ist ein Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Deshalb hoffe ich, Herr Bundesminister, daß Sie das nicht wahrmachen oder daß Sie das nicht wie selbstverständlich weiter in sich tragen, was Kreisky in einem seiner Bücher einmal so schön charakterisiert hat, als er im Hinblick auf die Sozialpartnerschaft gesagt hat: In Österreich regiert die Sozialpartnerschaft, das Parlament beschließt hinterher, und die Regierung verkauft die Ergebnisse. – So stelle ich mir ein parlamentarisches Regierungssystem nicht vor.

Sie werden daher verstehen, daß jemand wie Sie, der in diesem Bereich seine politischen Erfahrungen gesammelt hat – auch wenn ich von Ihnen in Diskussionen durchaus differenzierte Töne zur Sozialpartnerschaft gehört habe –, in gewisser Weise unser Mißtrauen hat. Wir werden also genau sehen, inwieweit das, was Sie jetzt in Ihrer ersten Wortmeldung angekündigt haben, nämlich diese Offenheit, auch eintritt.

Das ist eine wesentliche Sache, denn ich glaube, daß diese alten Strukturen der siebziger und achtziger Jahre – auch das hat der Herr Vizekanzler gesagt – nicht mehr entsprechen, daß nicht nur die Inhalte, sondern auch die Methoden dieser Jahre eigentlich nicht mehr adäquat sind den politischen Notwendigkeiten, denen wir uns gegenübersehen.

Zweiter Punkt: Der Herr Vizekanzler hat Sie als "Binnenmarktminister" bezeichnet – das stimmt ja auch formal –, aber erlauben Sie mir, jetzt auch auf einige Meldungen einzugehen, die mit Ihrer Amtsübernahme verbunden waren und die mir ins Gesicht geschlagen sind. Ich frage mich, wie jemand wie Sie zumindest in die mediale Nähe von Aussagen kommen kann, die so völlig konträr zu dem stehen, was für mich eine nach vorwärts gerichtete, europabezogene Wirtschafts- und Sozialpolitik bedeuten kann. Ich habe wirklich nicht verstanden, wie ein Zitat von Ihnen möglich sein kann oder wie Sie selber im Rundfunk sagen konnten, daß Sie am liebsten Stopptafeln an den Grenzen aufstellen würden, damit die Österreicher österreichische Waren kaufen und ihr Geld nicht ins Ausland tragen. Ich habe auch nicht verstanden, wie Sie – bei allem Verständnis für den inländischen Tourismus – den Eindruck erwecken konnten, die Österreicher sollen nur ja alle im Land bleiben. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Mit den Stopptafeln wurde ich falsch zitiert!)

Nicht daß ich meine, daß es nicht fein ist, auch in Österreich Urlaub zu machen, aber was ist das für ein Ansatz für eine Wirtschaft, von der wir wissen, daß sie fast zur Hälfte eben außenwirtschaftsbezogen ist? Da kann doch unsere Perspektive nur sein: Diese Wirtschaft ist erfolgreich, wenn sie den europäischen Binnenmarktwettbewerb besteht. So ein Rückfall wird uns nicht helfen. Darauf zu hoffen, nur unseren eigenen wirtschaftlichen Bereich, unser eigenes Konsumverhalten und Tourismusverhalten zu sehen und die Binnengrenzen der Republik zuzumachen, das ist keine Perspektive.

Und deshalb, Herr Bundesminister, hoffe ich, daß das, was sich da am Anfang bei Ihnen so an Meldungen eingeschlichen hat, nicht die Realität ist, die dann folgt. Denn dieses Österreich wird nur bestehen, wenn es besonders in der Wirtschaftspolitik ganz offen, ganz offensiv ist und wenn es diese Probleme ganz europäisch angeht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.16


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