Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 193

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Kollege! Das Geschäft verstehen wir auch, diese Ausrede gilt nicht! Ich glaube, es ist besser, wenn ich einmal Sie zitiere, was Sie da am 25. Mai 1994 gesagt haben. – Sie sagten laut Stenographischem Protokoll wörtlich:

"Wir beschließen heute neuerlich ein großes Sozialpaket, das einen ganz wichtigen Schritt in Richtung sozialpolitischer Reformen setzt." Sie meinten damals das Arbeitnehmerschutzgesetz. Weiters sagten Sie:

"Als einer, der bereits im Jahre 1972 das Arbeitnehmerschutzgesetz 1972 mitverhandeln durfte – noch unter dem späteren Sozialminister Weißenberg –, freut es mich, daß wir mit der heutigen Beschlußfassung einen kontinuierlichen Weg der Fortentwicklung ... vorantreiben." Und weiters: In dem nun vorliegenden Arbeitnehmerschutzgesetz wird das deutlich zum Ausdruck gebracht. Und so weiter, und so weiter.

Das heißt also: Stummvoll hat im vollen Wissen um die entsprechende Bürokratie das Gesetz damals gelobt, welches er heute bekämpft. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf beim Liberalen Forum.) Peter hat das auch kritisiert, weil er weiß, daß das nur, wenn überhaupt, mit Bürokratie sonder Zahl umzusetzen ist.

Anhand dieses Beispiels wird die Doppelzüngigkeit dieser Sozialpartnerschaft einmal mehr offenbar, meine Damen und Herren! Und das ist das Problem, das Sie haben: Es brechen Ihnen überall die Dämme: Es brechen Ihnen die Dämme bei Ihren Mitgliedern. (Abg. Dr. Stummvoll: Was?) In Wien sind nur mehr 20 Prozent zur Wirtschaftskammerwahl gegangen! (Abg. Dr. Stummvoll: Bei 90 Prozent Zustimmung!) Sie sind ja noch viel ärger als dieser berühmt-berüchtigte Arbeiterkammerpräsident, der damals von einem "ganz großen Erfolg" gesprochen hat, Kollege Stummvoll! Sie sind ja noch viel ärger, wenn Sie 20 Prozent Wahlbeteiligung noch beloben! Sie haben doch die Leute nicht mehr hinter sich! Das ist das Problem! (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. ) Herr Klubobmann! Unterhalten wir uns lieber über die Privilegien des Khol, dann wären wir, glaube ich, einmal auf der richtigen Linie! (Abg. Dr. Khol: Schwache Replik!)

Meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister hat von uns gewisse Vorschußlorbeeren bekommen, beziehungsweise wir warten auf die Ergebnisse seiner Arbeit. – Er hat heute aber auch einmal mehr das Hohelied auf die klein- und mittelständische Wirtschaft gesungen, so nach dem alten Strickmuster: Bei den Sonntagsreden kann man dieses Lied ruhig singen, wenn es dann aber ans Eingemachte geht, wird sehr wenig bis überhaupt nichts umgesetzt.

Wir warten in diesem Zusammenhang auf Ihre Taten, Herr Wirtschaftsminister, denn nur mit diesen Versprechungen werden wir sicherlich nicht weiterkommen. Faktum ist, daß jene Hausaufgaben, die von uns stets eingemahnt wurden, in weiten Bereichen nicht gemacht wurden.

In diesem Zusammenhang ist es ganz interessant, wie es mit der Steuerpolitik ausschaut. Natürlich haben Sie als Wirtschaftsminister diese nicht primär zu beeinflussen. Sie hätten sich aber im Hinblick auf die Gesamthaftung der Regierung dafür einzusetzen, daß Rahmenbedingungen in der Steuerpolitik geschaffen werden, die das Wirtschaften insgesamt sowie Wirtschaftsoffensiven ermöglichen.

Es ist ganz interessant, wenn wir uns die jüngste Titelgeschichte aus der "Industrie", dem Zentralorgan der Industriellenvereinigung, anschauen. In jener "Industrie" wurde bei der Geburt des Maßnahmenpaketes – oder wie immer Sie das nennen: des sogenannten Strukturanpassungsgesetzes – gejubelt und gesagt: Jetzt wird endlich mit Reformen gearbeitet. – Vor zwei Tagen mußten wir in dieser Zeitschrift jedoch lesen, daß das heurige Steuerpaket für die österreichische Wirtschaft einen Rückschlag darstellt – ich zitiere –: "Mit einer Klimaverschlechterung zwischen Steuerpflichtigen und Fiskus muß gerechnet werden."

Herr Bundesminister für Wirtschaft Farnleitner! Das ist das Problem, das wir jetzt haben. Sie haben jetzt ein schweres Amt übernommen. Ein flüchtiger – wenn auch nicht ein steuerflüchtiger – Johannes Ditz hat die Regierung verlassen. Sie sind in seine Fußstapfen getreten, und wir wünschen Ihnen viel Erfolg im Sinne der österreichischen Wirtschaft. Aber wie wollen Sie diesen


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