Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 113

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Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis 16 Uhr und werde um 16 Uhr die erste der beiden dringlichen Anfragen aufrufen.

Das gesamte Abstimmungspaket wird dann nach Fertigstellung des Croquis nach Schluß der dringlichen Anfragen erfolgen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 15.55 Uhr unterbrochen und um 16 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Immerwährende Neutralität" Österreichs (989/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer:

Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 989/J. Sie ist inzwischen verteilt worden. Es erübrigt sich daher eine Verlesung.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Vertreter der österreichischen Bundesregierung argumentieren in bezug auf Österreichs Neutralität widersprüchlich. Durch Sprachschöpfungen werden die wahren Absichten, nämlich die Unterwerfung unter die verteidigungspolitischen Vorgaben aus Brüssel, verschleiert. Doppelzüngige Botschaften zur Neutralität, je nachdem, ob sich ein Regierungsvertreter in Brüssel oder Wien befindet, beherrschen den diesbezüglichen Diskurs.

Die Bundesregierung ist an der Aufgabe, die Neutralitätspolitik nach der West-Ost-Konfrontation jetzt auch als spezifischen Beitrag für eine europäische und globale Friedensordnung zu entwickeln, gescheitert. Ebenso gescheitert ist sie an der Weiterentwicklung der Kreiskyschen Politik der Neutralität im Nord-Süd-Konflikt.

Im Rahmen der EU-Regierungskonferenz 1996 wird über sicherheitspolitische Kompetenzen der Europäischen Union verhandelt. Nach wie vor ist von einer engen Kooperation – bis zu einem institutionellen Zusammenschluß – von EU und Westeuropäischer Union (WEU) unter Einbindung der NATO die Rede. Andererseits hat sich bei der NATO-Ratstagung in Berlin herauskristallisiert, daß die WEU zum westeuropäischen Pfeiler der NATO weiterentwickelt wird.

Aufgrund der innenpolitischen Debatte in Österreich wird das Einverständnis von Spitzenpolitikern der SPÖ-ÖVP-Koalition mit diesen Vorhaben deutlich. Angesichts der kaum überbrückbaren Differenz zwischen den Positionen der österreichischen Bundesregierung, den Meinungen führender Koalitionspolitiker und der überwältigenden Neutralitätsbefürwortung der Österreicherinnen und Österreicher muß vor einer etwaigen weiteren sicherheitspolitischen Vertiefung der Europäischen Integration eine Volksabstimmung über die Zukunft der österreichischen "immerwährenden Neutralität" und damit den völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen Österreichs abgehalten werden.

Aus dem Umstand der Stationierung von Nuklearsprengköpfen und Atomwaffen ergibt sich ein enormes grundsätzliches Sicherheitsrisiko auch für die österreichische Bevölkerung. Gemessen an der offiziellen Politik Österreichs gegen die Gefahren aus grenznahen Risikoreaktoren sollte auch hier eine kritische Bewertung und Positionierung erfolgen. Immerhin könnten mit rund 2 Prozent der rund 5 000 Milliarden Schilling der Rüstungsausgaben der NATO-Mitglieder alle Blöcke der zwölf gefährlichsten Atomkraftwerke (20 000 Megawatt) im Osten ersetzt werden. Eine zukunftsweisende Sicherheitspolitik im Sinne der Sorgen der Bevölkerung könnte etabliert werden.

 


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