Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 180

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Herr Bundesminister! Das damit abzutun, daß das im Rahmen einer erfolgreichen Betriebspolitik der österreichischen Bundesregierung ein Sonderfall ist, das halte ich wirklich für falsch in der Argumentation. Bitte nehmen Sie doch zur Kenntnis, daß die Firma Semperit in den elf Jahren, in denen Semperit dem Conti-Konzern angehört, 1,4 Milliarden Schilling Gewinne nach Steuern erwirtschaftet hat – Gewinne nach Steuern: 1,4 Milliarden Schilling! – und davon 800 Millionen Schilling an den Konzern abgeliefert hat. Da kann man ja nicht sagen, das ist ein erfolgloses Unternehmen, und wir weigern uns, weitere Subventionen zu geben. Sie brauchen keine Subventionen zu geben! Hätten Sie vor dem EU-Beitritt ordentlich verhandelt, dann wäre das Chaos bei den Aufträgen nicht entstanden. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So aber ist man heute mit einem Tod auf Raten konfrontiert, und Verzetnitsch hat in einem Zeitungsinterview schon richtig gesagt: Wenn man in der EU etwas gelten will, dann muß man entweder ein Verbrecher sein oder – was hat er noch gesagt? (Abg. Verzetnitsch: Rinderwahn haben!) – Rinderwahn haben.

Sehen Sie: Der Herr Präsident hat sich sein Zitat gemerkt. Arbeitsplätze gelten nicht in der EU. Verbrecher oder Rinderwahn ist relevant, hat er gemeint, und da stimme ich ihm wirklich zu.

Meine Damen und Herren! Es nützt nichts, wenn man jetzt hört, daß die Regierung beginnt, irgendwelche Gespräche zu führen. Die Geschichte ist ja nicht erst seit heute bekannt. Die Firma Conti als deutscher Konzern hat sich verpflichtet, eine Bestandsgarantie für zehn Jahre für das Werk Semperit zu geben.

Zehn Jahre sind nicht vergangen gewesen, sondern nach fünf Jahren hat die Demontage dieses Werkes begonnen, und alle Wirtschaftsminister und alle mit Sozialfragen befaßten Minister der Bundesregierung und der Herr Bundeskanzler höchstpersönlich schauen seit fünf Jahren zu, wie dieses Werk, das an sich ein traditionsreiches österreichisches Unternehmen ist, schrittweise demontiert wird und wie vielleicht im nächsten Jahr das Aus für 2 400 Arbeitsplätze in dieser Produktion angesagt ist.

Meine Damen und Herren! 1985 hat die Firma Conti in einem Vertrag einen Förderungszusage von 1,2 Milliarden Schilling vom damaligen Sozialminister Dallinger mitübernommen. Und sie hat sich ausbedungen, daß sie, auch wenn sie Gewinne macht, 950 Millionen Schilling Förderungen nicht mehr zurückzahlen muß. Sie hat sich weiters in einem Vertrag, Herr Bundesminister, den Sie heute offenbar noch nicht verfügbar haben, den ich aber habe, im Punkt 12 verpflichtet wie folgt: "Continental wird im Werk Traiskirchen der Semperit AG einen wesentlichen Schwerpunkt der Entwicklungstätigkeit für Fahrzeugsbereifungen ihres Konzernes konzentrieren."

Meine Damen und Herren! Einen Schwerpunkt konzentrieren – und wie schaut das aus? 1990 hat man die Forschungs- und Entwicklungsabteilung für LKW-Reifen nicht konzentriert, sondern abgebaut und in den Konzern nach Deutschland verlagert.

1991 hat man die Fahrradreifenproduktion eingestellt, nach Thailand verlegt und dort aufgebaut. 1993 hat man den gesamten Verkauf nach Hannover abgesiedelt und gleichzeitig ein Exportverbot für Semperit erlassen. Auch das haben Sie urgiert, weil Sie es angeblich nicht wissen, aber ich werde es Ihnen mit einem Schriftstück nachreichen, weil Sie gesagt haben, es ist nicht nachweisbar, daß ein Exportverbot für die Semperit erlassen worden ist.

Sie selbst kommen aus der Bundeswirtschaftskammer. Da gibt es ein Schriftstück der Bundeswirtschaftskammer, Abteilung für Außenwirtschaft, Österreich, vom 4. Juli 1996, also Sie müßten das eigentlich noch kennen, wo Dr. Alfred Schragl, Handelsdelegierter für Deutschland mitteilt, daß Semperit seinerzeit an einer Wirtschaftsmission über Autozulieferungen nach Brasilien und Argentinien beteiligt war. "Damals wurde von General Motors und anderen brasilianischen Herstellern der Wunsch nach dem Bezug von Autoreifen aus Österreich geäußert", schreibt der Handelsdelegierte jetzt im Juli:

"Nach Rückkehr der Österreicher wurde Semperit dann vom Mutterhaus Continental-Reifen die weitere Behandlung der Exportwünsche untersagt, da die Belieferung nach Brasilien dem deutschen Mutterhaus vorbehalten ist." (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) Das ist es: Wir


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite