Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 207

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Zum zweiten, zum Kern des Problems: Ich glaube, man muß darstellen, daß Semperit als Betrieb nicht pleite ist, sondern gut dasteht. 1994 wurden 400 Millionen an Dividenden ausbezahlt, 1995 ebenfalls 400 Millionen Schilling an Dividenden. Es liegt daher nicht an den Arbeitskosten oder an den Arbeitnehmerschutzeinrichungen oder an ähnlichem, daß Semperit geschlossen werden muß, sondern der Grund muß anderswo zu finden sein.

Drittens: Es ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit, wenn man glaubt, daß Semperit deswegen geschlossen wird, weil es keinen entsprechenden Markt mehr gibt oder weil die Japan-Geschäfte verlorengegangen sind. (Abg. Dr. Haider: 50 Prozent der Produktion!) Das ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Das gewichtigere Argument lautet wie folgt: Die 4 Millionen Reifen, die jetzt produziert wurden, müssen auch nächstes Jahr produziert werden. Die Frage ist nur: Wo? (Abg. Dr. Haider: Neubauer sagt: 48 Prozent der Produktion!) Lassen Sie mich das ausführen, wir kommen im Endeffekt zum gleichen Ergebnis!

4 Millionen Stück Reifen werden jetzt produziert. 2 Millionen sollen nach der Reduktion produziert werden. Die Produktion von 4 Millionen Stück Reifen ist aber weiterhin notwendig für den Conti-Konzern. Der Conti-Konzern will diese Reifen aber nicht in Traiskirchen, sondern in Tschechien produzieren. Daher ist das Problem nicht der Marktverlust. Das Problem ist vielmehr ganz eindeutig, daß in Tschechien billiger produziert werden kann. (Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Es geht letzten Endes bei Semperit darum, daß ein Konzern Lohndumping betreibt und daß er schließen will, obwohl er hier Gewinne macht, und zwar deswegen, weil die Gewinne in Tschechien noch größer sein könnten. Das ist der Punkt, um den es beim Problem Semperit wirklich geht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Ich gehe, glaube ich, recht in der Annahme, daß Sie für die bilateralen Abkommen mit Tschechien sind!) Darauf komme ich noch zu sprechen. Ich möchte aber jetzt noch ausführen, daß der Fall Semperit nicht passiert wäre, wenn man mit der Mehrheit an der Firma Semperit nicht auch die Einflußmöglichkeiten mit verkauft hätte. (Beifall des Abg. Dr. Haselsteiner. )

Denn der Ablauf war völlig klar: Erstens einmal sind die Einflußmöglichkeiten verlorengegangen. Weiters ist die Marktposition verlorengegangen, Semperit konnte die Erstausrüstung nicht mehr selbst liefern. Dann ist die Möglichkeit zu Forschung- und Entwicklung verlorengegangen, und der Betrieb ist letzten Endes eine verlängerte Werkbank geworden. Und schließlich gehen jetzt die Arbeitsplätze in der Produktion verloren, oder es wird zumindestens damit gedroht.

Das ist ein Kreislauf, der in jeder Gewerkschaftsschule deutlich dargestellt werden kann. Begonnen hat dieser Kreislauf mit den Veräußerungen der Einflußmöglichkeiten und dem Aufgeben der Mehrheit bei der Firma Semperit. Daher sollte man bei allen ähnlichen Problemen – Stichwort: CA-Privatisierung et cetera – wirklich ernsthaft auf der Hut sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zur Frage: Wie könnte konkret reagiert werden? – Ich glaube, daß es im Prinzip zwei Schienen gibt. Einerseits könnte man – das ist allerdings relativ schwierig – versuchen, den Betrieb zu erwerben und unter österreichischen Einfluß zu bringen. Wobei ich Ihnen völlig recht gebe, daß das, was Conti angeboten hat, nämlich daß man Maschinen, Hallen, also Anlagevermögen, herauskauft, weiterproduziert und dann an Conti liefert und das zu indischen oder portugiesischen Preisen – so sieht das Angebot der Firma Conti nämlich aus – völlig unmöglich ist.

Es ist zu prüfen, ob es möglich ist, die gesamte AG zu erwerben, und damit natürlich den Markennamen Semperit. Aber selbst wenn es möglich wäre, die gesamte AG zu erwerben, wird man auch noch einen Partner brauchen. Dann wird man sich etwa an Goodyear, Bridgestone oder ähnliche Unternehmen wenden müssen, um entsprechende Abnahme- und Kooperationsmöglichkeiten zu finden.

Völlig klar ist auch den Betriebsräten, daß das Herauskaufen von Anlagevermögen und das Produzieren an einer verlängerten Werkbank zu indischen Preisen nicht möglich ist und zu nichts führen kann. Aber dieser zweite Weg, daß man die gesamte AG mit der Marke Semperit


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