Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 216

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Berichterstattung um Berichterstattung! Wieder der "Kurier": "Semperit verliert weiter Luft. Finanzminister Klima: Arbeitsgruppe soll möglichst Zukunftsvarianten durchrechnen/Gespräche mit Conti."

Jetzt kommt aber die späte Einsicht. Diesbezüglich wurde heute schon teilweise zitiert. "Klima meinte aber, daß Überleben ohne Marke, Forschung und Vertrieb schwierig sei. Conti-Vorstandssprecher Dieter von Herz hatte am Donnerstag in der ZiB erklärt, man sei für einen Verkauf von Semperit offen, die Marke stehe aber nicht zur Disposition. Die Politik, so Klima, könne nichts versprechen, ,ich persönlich habe aber eine ohnmächtige Wut, daß Conti ein Werk, das Gewinne schreibt und jahrelang eine fette Dividende abgeliefert hat, nun schließen möchte.’"

Was ist denn da passiert? – Wir haben einen schlechten Vertrag gemacht!

"Keine Semperit-Hilfe: Die Lage eskaliert," heißt es im "WirtschaftsBlatt." "Ein Gipfel der Semperit-Führungsspitze bei Finanzminister Viktor Klima blieb ohne substantielle Erfolge."

Der Herr Kollege Verzetnitsch urgiert zu Recht: "Semperit und ,Kapitalismus pur’." Man weiß ja auch, wer die Schuld trägt dafür, daß sich das so entwickeln konnte, nämlich die Verantwortlichen der Koalitionsregierung. Sie hätten die Voraussetzungen schaffen müssen, sie hätten verhindern müssen, daß ein solches Vertragswerk überhaupt entsteht.

Und jetzt sind wir bei der Kompetenz, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihr Aufhänger "Semperit und Kapitalismus pur" wird von ernstzunehmenden Wirtschaftsjournalisten aufgegriffen. Da heißt es: "Die Vorgänge rund um den Reifenerzeuger Semperit spotten jeder Beschreibung. Was hier auf dem Rücken von mehr als 2 000 Beschäftigten ausgetragen wird, ist schlichtweg unzumutbar. Auf den ersten Blick trägt die deutsche Mutter Continental die Schuld am Desaster. Immerhin hat sie Semperit finanziell und technologisch ausgenommen."

Jetzt mache ich aber nicht das, was der Herr Kollege Haselsteiner beinahe gemacht hätte – das heißt, wir haben den Eindruck gehabt, er muß ein bißchen eine Verteidigungsrede für Conti halten –, sondern ich komme zum Schluß beziehungsweise zum Succus dieser Geschichte:

"Das Märchen von heimischer Industriepolitik lebt", hat er getitelt, der Herr Kommentarschreiber. Am Schluß dieses Kommentars heißt es: "Sie sollten sich ins Gedächtnis rufen, daß Continental 1,2 Milliarden Schilling vom Staat als Mitgift für die Semperit-Übernahme bekommen hat und trotzdem die Forschung und Entwicklung aussiedeln durfte." (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr. ) – Nein, das ist dort nicht dringestanden! Machen Sie keinen Schmäh.

Weiters heißt es da: "Sie sollten sich daran erinnern, wenn Ihnen wieder einmal ein Politiker das Märchen von österreichischer Industriepolitik erzählt."

Und dort sind wir! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Problem ist, daß keine Industriepolitik gemacht wird. Und da bin ich bei dem, was Sie heute schon zitiert haben. Wobei ich sagen muß: Man muß rückblickend schon zugeben, daß man sich gegen das Abzocken einfach nicht so gewehrt hat, daß es nicht passieren konnte.

Wenn Sie zitiert haben, daß internationale Förderungsabzocker, die sich im Land einkaufen, dafür hohe Subventionen nachgeworfen bekommen, die erworbene Firma nach einigen Jahren wie eine reife Zitrone ausquetschen und sich dann unter Mitnahme einer angesehenen Marke ins billige Ausland begeben, wo das erbärmliche Spiel von vorne beginnt, dann sage ich nur: Ergreifen Sie doch Maßnahmen! Machen Sie endlich Industriepolitik! Lassen Sie nicht einen Minister, wie den Herrn Minister Schüssel, irgend etwas vortäuschen, was er in Japan verhandelt hat – was er aber in Wahrheit nicht verhandelt hat –, und werden Sie doch hier im Hohen Haus aktiv!


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