Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 215

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Das ist ein Wirtschaftssystem, das mir gestohlen bleiben kann! Das muß ich einmal ganz klar und deutlich hier sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin aber auch nicht ganz glücklich, Herr Verzetnitsch, wenn Sie immer die verschiedenen nationalen Wirtschaften vergleichen. Frankreich hat eben ganz andere Voraussetzungen. Belgien hat andere Voraussetzungen. Holland hat andere Voraussetzungen. Das kann man nicht immer 1 : 1 umlegen und glauben, da ist so wie mit einer Schablone das eine Land auf das andere Land übertragbar. Ich glaube, das muß man viel individueller, viel konsequenter und engagierter angehen.

Ganz fürchterlich wird es natürlich, wenn der Herr Kollege Seidinger, Lehrer in Ruhe, oder der Herr Kollege Kampichler da stehen und erklären: Was will eigentlich die Opposition, die hat doch gar kein Recht, darüber zu reden! Wir machen das schon, wir erledigen das schon, wir brauchen die Opposition nicht, daß sie uns darauf hinweist, was auf uns zukommt und was passiert ist.

Wenn ich mir die Entwicklungen der letzten Wochen, der letzten Monate betrachte, muß ich Sie schon fragen: Warum diskutieren wir erst heute? Warum haben wir eigentlich die Dringliche von den Freiheitlichen gebraucht, um das zu erörtern? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es  gibt  doch  eine einschlägige  Berichterstattung.  Alle anerkannten Wirtschaftspublizisten und -journalisten haben durch Monate hindurch darüber berichtet. Unter anderem ist da zu lesen: "Traiskirchen, semper it" – aus dem Lateinischen wunderbar abgeleitet –, "immer möge es bestehen, das Semperit Werk in Traiskirchen. Ein frommer Wunsch angesichts der Kalkulationen von Continental, der Muttergesellschaft des Reifenherstellers Semperit. 5 000 Menschen waren einst bei dem Flaggschiff in der Stadtgemeinde beschäftigt. Anfang Mai ‘96 waren es nur noch 2 400, weitere 550 Mitarbeiter sollen noch heuer gehen." – Aber das ist laut Herrn Kampichler kein Problem, wenn 2 400 Mitarbeiter morgen auf der Straße stehen, das werden wir schon hinbiegen. Irgendwie werden wir da, wie es der Herr Kollege Moser gemacht hat, ein bißchen palavern.

"Salzburger Nachrichten": "Bei Semperit müssen rund 950 Mitarbeiter gehen." – Das haben wir doch alle gelesen, wir sind doch alle engagierte Politiker und wollen wissen, was los ist. Wir informieren uns.

"Kurier", Wirtschaftsteil: "Semperits Kampf gegen Conti. – 2 300 Mitarbeiter in Traiskirchen wollen notfalls streiken/Bisher mit Conti schlecht gefahren."

Oder, "Märkte & Manager", lauter Berichterstatter, die ernst zu nehmen sind: "Geschröpft und zugenäht. – Der österreichischen Conti-Tochter Semperit wird voraussichtlich bald der Todesstoß versetzt." – Alarmstufe eins. – "Notwendiges Opfer im Rahmen der Globalisierungsstrategie von Continental? Oder sinnloser Aktionismus eines bedrängten Konzernvorsitzenden?"

Dann gibt es in diesem Zusammenhang noch Berichte über Gewerkschaft und Konzernvorstand: "Märkte & Manager" berichtet ausführlich.

"Die letzte Rettung: Kauft Österreich Semperit zurück? – Krisengipfel im Finanzministerium. Conti will den Markennamen nicht hergeben." – "täglich Alles".

Was ist denn da passiert, meine Damen und Herren, wenn Conti in der Lage ist, den Markennamen nicht hergeben zu müssen? Da muß doch irgend etwas passiert sein, sonst kann das, nachdem die Herrschaften 1,2 Milliarden Schilling bekommen haben, gar nicht möglich sein – wenn der Vertrag gut ist; das setze ich voraus.

"Kurier": "Polit-Gipfel brachte nur wenig Hoffnung für Semperit. – Arbeitsgruppe soll Rettungsmöglichkeiten prüfen."


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