Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 121

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ausschuß wurde oftmals beantragt, aber nie genehmigt. Es ist erschütternd, daß im Rahmen der bewußten Aussprache tatsächlich die Möglichkeit von bewußter Desinformation diskutiert wurde. – Soweit ein Zeuge aus dem Europäischen Parlament, Graefe zu Baringdorf.

Ein portugiesisches Mitglied sagte in diesem Ausschuß: Die Kommission hat grobe Fehler begangen. Was das Gesundheitsrisiko BSE betraf, wußte man 1990 bereits genauso viel wie heute. Die Kommission hat damals versucht, diese Dinge unter den Teppich zu kehren, wie auch gewisse Mitgliedstaaten. – Das sagte am 9. Juli dieses Jahres ein portugiesisches Mitglied des Europäischen Parlaments.

Herr Bundesminister! Obwohl man auf europäischer Ebene schon lange gewußt hat, was da läuft, hat man nicht gehandelt, hat man all das nicht ernst genommen, was gefordert wird, hat man nur versucht, alles unter den Teppich zu kehren und die Presse deszuinformieren. Die Konsequenzen heute? – Enorme Verluste, viele Bauernexistenzen sind hier in Österreich gefährdet; die österreichischen Bauern kommen zum Handkuß, weil es eine solche Handlungsweise auf europäischer Ebene gibt (Beifall bei den Freiheitlichen): existenzgefährdend, bauernhofvernichtend, mit unabschätzbaren Folgekosten, die von allen Mitgliedstaaten zu tragen sind.

Herr Bundesminister! Eine Europäische Union, die wir so nicht haben wollen, die Sie aber so haben wollten. Daher ist auch die Verantwortung für die Folgen in Österreich von Ihnen und von der SPÖ zu tragen.

Allein dieses Beispiel BSE zeigt, daß die Politik der Europäischen Union nicht den Menschen im Mittelpunkt sieht.

José Lutzenberger, der Träger des alternativen Nobelpreises aus dem Jahr 1988 und auch brasilianischer Umweltminister von 1990 bis 1992, hat schon recht, wenn er sagt – ich zitiere ihn –: Nichts gegen eine Europäische Union, wenn sie eine politische Vereinigung ist und für die Menschen – dies bedeute freie Bewegung für Ideen, Wissen, Kunst, Reisen, Gastfreundschaft. Die fortschreitende Globalisierung der Wirtschaft aber – das heißt uneingeschränkte Bewegungsfreiheit für Waren und Kapital, wie sie von GATT, IWF, Weltbank und Europäischer Union gefordert wird – hat bereits weltweit zur Entwurzelung und Verelendung von Hunderten Millionen Menschen geführt, und dieser Prozeß geht weiter – auch in der ersten Welt, auch in der Europäischen Union. Überall dort in der Welt werden heute die letzten noch überlebenden eigenständigen, historisch und organisch gewachsenen sozialen Strukturen, die ökologisch nachhaltig und menschlich sinnvoll und befriedigend sind, entwurzelt, demoralisiert, destrukturiert, wenn nicht total ausgelöscht. – Ende des Zitats von José Lutzenberger.

Herr Bundesminister! Diese gemeinsamen Märkte, GATT und Europäische Union, sind ja nicht von Menschen für Menschen konzipiert, sondern sind Instrumente der transnationalen Konzerne. International gesehen ist das die Fortsetzung des traditionellen Kolonialismus, nur mit subtileren Methoden, ohne Waffen. Im gemeinsamen europäischen Markt werden nicht nur Bauern, an erster Stelle die Kleinbauern, die noch nachhaltig und ökologisch wirtschaften, entwurzelt – ich als Burgenländer kann diese Entwicklung aus nächster Nähe betrachten –, sondern aus allen Branchen der Wirtschaft werden Arbeitsplätze in Billigländer exportiert. Erst gestern haben wir solch ein Beispiel diskutiert. (Zwischenruf der Abg. Silhavy .) Und das, Kollegin, wird freier Markt genannt!

Die Agrarpolitik der Europäischen Union hat nichts mit freier Marktwirtschaft zu tun. Sie ist genau das Gegenteil davon. Es werden Milliarden von Steuergeldern für Überschußproduktionen eingesetzt, basierend auf ökologisch und sozial katastrophalen Anbaumethoden, meine Damen und Herren! Weitere Milliarden von Steuergeldern muß man dann dafür einsetzen, diese Überschußproduktionen wieder zu vernichten oder billigst an den Konsumenten zu bringen! – Dieses System ist rundherum krank, Herr Bundesminister, und Sie spielen da mit! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich habe bis jetzt nicht feststellen können, daß von Ihnen etwas getan wurde, um dieses faule System in irgendeine Richtung zu korrigieren!

Das klare Ziel dieser Brüsseler Bürokratie ist die Entwicklung zu einer total transnationalen, technokratieabhängigen Agro-Busineß-Landwirtschaft. Herr Bundesminister! Da gibt es keinen


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