Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 124

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gegen 1994 7,4 Prozent und 1995 weitere 3,9 Prozent. 1995 gab es den bislang schwersten Rückschlag für die Branche seit 1960.

In der vergangenen Wintersaison (November 1995 bis einschließlich April 1996) sanken die Umsätze real um rund zwei Prozent auf 93 Milliarden Schilling und die Nächtigungen um 1,8 Prozent auf 50,5 Millionen Übernachtungen.

Die Anzahl der Fremdenbetten ging von 1992 bis 1995 von 1,15 Millionen auf 1,135 Millionen zurück, die Anzahl der Beherbergungsbetriebe sank von 83 292 auf 80 947.

Das Defizit der österreichischen Leistungsbilanz ist von 1,6 Milliarden Schilling 1992 auf 47,3 Milliarden Schilling 1995 angewachsen. Die Passivierung eskalierte von 6,6 Milliarden Schilling im Jahr 1993 auf 12,4 Milliarden Schilling 1994 bzw. 26,7 Milliarden Schilling 1995. Die wichtigste Ursache dieser Entwicklung war der mehr als deutliche Rückgang der Fremdenverkehrsüberschüsse: von 67 Milliarden Schilling 1992 auf 29,6 Milliarden Schilling 1995.

Auch die Prognosen für den heurigen Sommer sind schlecht:

Egon Smeral, Wifo-Experte für Tourismus:

"Es deutet derzeit kein Indikator darauf hin, daß der heurige Sommer besser werden könnte als der letzte." Nach Smerals Prognose werden die Tourismusumsätze nach einem Rückgang von 5,2 Prozent letztes Jahr im Sommer 1996 um weitere 5 Prozent zurückgehen.

Diese Entwicklung findet auch in der Beschäftigungssituation ihren Niederschlag.

Die Massenarbeitslosigkeit im Tourismus reißt der Arbeitslosenversicherung jährlich ein 2-Milliarden-Schilling-Loch. Mit 46 230 Vormerkungen waren im April 1996 5,2 Prozent mehr arbeitslos als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Mit 3 827 offenen Stellen schrumpfte die Nachfrage um rund 22 Prozent. Die Beschäftigung sank um 4,4 Prozent auf 121 545 Fremdenverkehrsbeschäftigte.

Im Durchschnitt der Jahre 1987 bis 1993 betrug die Arbeitslosenquote im Beherbergungs- und Gaststättenwesen 17,1 Prozent, die Saisonarbeitslosigkeit hat mit Spitzen von über 30 Prozent ein international einmaliges Ausmaß erreicht. Dies stellt ein ernstes arbeitsmarktpolitisches Problem dar, sind doch in Österreich 14 Prozent der Erwerbstätigen direkt oder indirekt vom Tourismus abhängig.

Wenn auch die Gründe für die bedauerliche Entwicklung des österreichischen Tourismus nicht ausschließlich hausgemacht sind, so tragen doch europaweit einzigartige Belastungen der Branche, wie etwa die umstrittene Getränkesteuer, die FV-Abgabe und die Handelskammerumlage, nicht unwesentlich dazu bei, daß Österreich als Fremdenverkehrs-Musterland ins Gerede kommt.

In dieser Angelegenheit droht der Bundesregierung allerdings eine weitere Blamage: Vorliegende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes lassen den Schluß zu, daß die in Österreich eingehobenen FV-Abgaben, die Getränkesteuer und die Handelskammerumlage nach EU-Recht (Artikel 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie der EU) unzulässig sind.

Mit Interesse wurde daher in der Tourismuswirtschaft vernommen, der österreichische Regierungschef Dr. Vranitzky habe durchblicken lassen, der Fremdenverkehr werde nun "Kanzlersache" (tourist austria international; 21. Juni 1996).

Im Rahmen eines jüngst stattgefundenen Gesprächs mit in- und ausländischen Tourismusexperten gestand Dr. Vranitzky demnach ein: "Der Fremdenverkehr hat gesellschaftspolitisch einen Stellenwert, den wir als solchen bisher zu wenig erkannt haben. Man darf ihn nicht als abgeschlossenes System sehen, sondern als im gesamten Spektrum der Freizeitwirtschaft eingegliedert. Es ist für die Tourismuswirtschaft schwieriger geworden als früher, aber verlieren wir nicht den Kopf."

Auch bei Semperit herrscht Untergangsstimmung – die Schließung des Werks in Traiskirchen, das heuer sein 100jähriges Bestandsjubiläum hätte feiern sollen, steht unmittelbar bevor. "Für das Jahr


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