Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 123

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Was die dringliche Anfrage selbst betrifft, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer, weil sie inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist. Es handelt sich um die dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage 1025/J an den Herrn Bundeskanzler.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Seit Jahren wird Österreich von einer hartnäckigen Krise der Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft heimgesucht.

Die Nächtigungszahlen sanken nach Jahren des Wachstums und der positiven Entwicklung in bedenklichem Ausmaß:

1992:

130,4 Millionen Nächtigungen

1993:

127,0 Millionen Nächtigungen

1994:

122,4 Millionen Nächtigungen

1995:

117,1 Millionen Nächtigungen

 

Bei einer Fortsetzung dieses Trends wird man in unserem Land zur Jahrtausendwende nur noch knapp 100 Millionen Nächtigungen verzeichnen können.

Das Gastgewerbe belegt in der Insolvenzentwicklung hinter der Bauwirtschaft bereits den zweiten Platz.

Die gesamte Fremdenverkehrsbranche ist mit mehr als 121,4 Milliarden Schilling verschuldet.

Die Anzahl der Konkursanträge, die mangels Masse abgewiesen werden müssen, übersteigt die Anzahl der eröffneten Insolvenzverfahren deutlich.

Gab es 1994 in der Tourismuswirtschaft 1989 Konkurseröffnungen, so hat sich diese Zahl im Jahre 1995 auf 2 793 erhöht.

Die Finanzierungssituation der österreichischen Tourismuswirtschaft ist gekennzeichnet durch eine ungenügende Eigenmittelausstattung und durch Verbindlichkeitsstrukturen, die in vielen Fällen gegen den schwankenden Finanzierungsaufwand (Zinsschwankungen) nicht abgesichert sind.

Der Verschuldungsgrad, das ist der Anteil des Fremdkapitals (ohne Sozialkapital) in Prozent des Gesamtkapitals, erreicht im Durchschnitt 110 Prozent, das heißt die Betriebe sind buchmäßig überschuldet, sie haben also mehr Schulden als Vermögen. Die durchschnittliche Schuldentilgungsdauer bei Pensionen und Gasthöfen liegt bei 22 Jahren (Sollwert: 7 Jahre).

Den Banken ist die dramatische Situation zahlreicher Beherbergungsbetriebe sehr wohl bekannt, entsprechend hoch sind die Finanzierungskosten, die – abhängig von der Betriebsgröße – bereits zwischen 10 bis 12 Prozent des Umsatzes betragen.

Die betriebswirtschaftliche Situation im Tourismus ist daher trist: Im Schnitt bleibt von den Betriebserlösen ein steuerlicher Verlust von 2,7 Prozent. Die Gesamtkapitalrendite beträgt minus 1,3 Prozent (1993).

Mit einem Anteil von nur 0,1 Prozent an der Weltbevölkerung beherbergte Österreich noch im Jahr 1993 fünf Prozent aller Auslandsreisenden.

Leider gelang es Österreich jedoch nicht, diese im internationalen Vergleich äußerst starke Position zu halten. Laut OECD wuchs im Jahr 1994 die Zahl der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben europaweit um 4 Prozent (1993: plus 1 Prozent), Österreich hingegen mußte einen Rückgang in fast ebensolcher Höhe hinnehmen.

Italien und Spanien erzielten bei den Tourismus-Einnahmen in den Jahren 1994 und 1995 starke Zuwächse von über 10 Prozent, die Türkei legte 1994 um 40 Prozent zu, Österreich verlor hin


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite