Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 73

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13.29

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Der Außenpolitische Bericht ist der erste Bericht über unsere Mitgliedschaft in der Europäischen Union, über das erste Jahr in dieser Europäischen Union. Lassen Sie mich diesen Bericht zum Anlaß nehmen, zwei Themen herauszugreifen, die alle Österreicherinnen und Österreicher, aber vor allem die jungen Menschen in diesem Land besonders interessieren.

Das eine sind die Fragen des Umweltschutzes, und das zweite sind vor allem die Fragen der Atomkraft und der atomaren Bedrohung in Europa. Wir haben in den Verhandlungen mit der Europäischen Union schon darauf hingewiesen, daß es eines unserer Ziele ist, die hohen Umweltschutzstandards, die Österreich erreicht hat, mit einem Beitritt zur Europäischen Union keinesfalls absenken zu müssen.

Das gleiche gilt für die Atomkraft.

Österreich hat ein klares Bekenntnis, nämlich eine klare Absage zur Nutzung der Atomkraft abgelegt und hat dies auch in den Verhandlungen zur Europäischen Union eingebracht. Wir haben während dieses ersten Jahres in der Europäischen Union auch sehr klar gezeigt, daß wir gegen die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie sind, weil sie immer wieder und immer noch Gefahren bildet und von den Menschen nicht absolut beherrschbar ist. Das war auch immer unsere Meinung in der Nachbarschaftspolitik Österreichs. Österreich ist ja umgeben von Kernkraftwerken, die nicht nur den westlichen Sicherheitsstandards nicht entsprechen, sondern ganz im Gegenteil oft in einer Kombination von sowjetischer Bauart und Versuchen einer westlichen Nachrüstung eine besondere Gefahr auch für die österreichische Bevölkerung bedeuten.

Wir haben uns in diesem letzten Jahr sehr vehement gegen die Fertigstellung des Kernkraftwerks Mochovce gewendet, und es ist uns in vereinten Anstrengungen gelungen – und hierbei ist vor allem auch die Rolle der Parlamentarier im Europäischen Parlament hervorzuheben –, daß die vorgesehenen Kredite der Europäischen Bank für Aufbau und Entwicklung nicht gewährt wurden. Damit ist aber noch lange nicht gesagt, daß das Kernkraftwerk Mochovce für unsere Nachbarn in der Zwischenzeit abgeschrieben oder gar gestorben ist. Ganz im Gegenteil: Es gibt jetzt Bemühungen, dieses Kernkraftwerk mit Hilfe eines deutschen Kredits und mit Hilfe von Siemens fertigzustellen. Das bedeutet, daß wir in unseren Außenbeziehungen auch gegenüber unseren Freunden – und wir sind interessiert an freundschaftlichen Kontakten zu unseren Nachbarländern – sehr klar unsere Position und die Position der Österreicherinnen und Österreicher darlegen müssen: Es muß langfristig ein Ausstieg aus der Atomenergie in Europa erreicht werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Gerade die Ereignisse der letzten Tage im Kernkraftwerk Tschernobyl, das ja zu sehr trauriger Berühmtheit gefunden hat und das Tausenden und Abertausenden Menschen Krankheit und Tod gebracht hat, haben gezeigt, daß die Gefahr keinesfalls abgewendet ist. Es ist durchaus bedenkenswert und bedenklich, daß die europäischen Staaten, aber auch die G 7 bisher immer noch keine Einigkeit darüber erzielen konnten, wie das Kernkraftwerk Tschernobyl geschlossen werden kann, und nicht bereit sind, auch die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, daß es eine unserer Aufgaben sein muß, gerade im Bereich der Atomkraft auch alle Initiativen innerhalb der Europäischen Union zu setzen, um diesen Ausstieg zu ermöglichen.

In gleicher Weise sind unsere Bemühungen im Bereich des Umweltschutzes gefordert. Wir haben ja bei den Vertragsverhandlungen erreicht, daß jene Standards, die in Österreich höher sind als in der Europäischen Union, im Rahmen eines Review-Prozesses von der Union überprüft werden müssen. Gegebenenfalls soll die Union ihre Richtlinien an die Standards Österreichs angleichen – nicht nur Österreichs, sondern auch die der anderen beiden Beitrittsländer Schweden und Finnland, die in vielen Bereichen ebenso etwas vor der Europäischen Union lagen. Dieser Review-Prozeß ist nunmehr angelaufen, und es wird sich zeigen, daß Österreich, Schweden und Finnland in diesen Bereichen alle Kraft anstrengen werden, um diese Verbesserung der Standards zu erreichen. Das ist insbesondere notwendig, als im Hinblick auf die Osterweiterung der Europäischen Union gerade solche Länder in diese Europäische Union


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