Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 138

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Ich habe im Laufe des Sommers das Konzept, an dem wir intern in der SPÖ-Fraktion sehr, sehr lange mit unseren Kollegen aus den verschiedensten Organisationen gearbeitet haben, ausschicken lassen, weil ich überzeugt davon bin, daß das eine so wichtige Materie ist, daß wir unsere Meinungen in einzelnen Fragen nicht über Medien austauschen sollten.

Natürlich werden wir darum ringen, eine Position zustande zu bringen, die breitest getragen wird. Denn nur dann, wenn wir uns hier nicht sozusagen auseinanderdividieren, nur dann, wenn alle Fraktionen in diesem Haus sich bemühen, eine gemeinsame Lösung zu finden, wird man uns draußen auch verstehen. Wir müssen ja alle ansprechen, nicht nur Unternehmer, nicht nur solche, die unternehmerisch tätig werden, sondern auch die in diesen Unternehmen Tätigen.

Warum meine ich, daß das so wichtig ist? – Diese Gewerbeordnung beeinflußt den Zugang zum Markt, wenn wir so beginnen wollen, und damit beeinflußt sie auch die Qualität der Tätigkeit dort, sie beeinflußt die Qualität der Waren, sie beeinflußt die Qualität der Produktion, sie beeinflußt die Qualität der Dienstleistungen, die in diesen Bereichen erbracht werden. Die rechtliche Erlaubnis, ein Unternehmen zu gründen, ist daher nicht nur für die dort unternehmerisch Tätigen, sondern auch für die dort Beschäftigten von besonderer Bedeutung. Daher ist uns dieses Thema so wichtig.

Aber: Ein rigoroser Zugang zum Gewerbe ist unserer Auffassung nach ein ungerechtfertigter Konkurrenzschutz für etablierte Unternehmungen der jeweiligen Branche und erschwert natürlich die Gründung von neuen Unternehmen und damit auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Dies ist derzeit primär ein Problem der Gewerbetreibenden, denn im Handel und im Industriebereich haben wir schon eine weitestgehende Liberalisierung erreicht. Es muß uns aber um eine grundsätzliche Neuregelung der Gewerbeordnung gehen, die den aktuellen und, wie ich hoffe, auch den zu erwartenden zukünftigen Erfordernissen in der Wirtschaft Rechnung trägt.

Zu einer bloßen kosmetischen Operation wird es von unserer Seite diesmal keine Zustimmung geben. Es muß zu einer radikalen Reform kommen.

Und jetzt komme ich zu einigen Anmerkungen bezüglich der Bereiche, wo wir meiner Meinung nach nicht auf einer Linie liegen. Vielleicht kommen wir im Zuge der Diskussion aber wieder zueinander.

Im Gegensatz zu den Vorstellungen des Liberalen Forums sind wir der Auffassung, daß ein bestimmtes, wenn auch stark reduziertes Maß an Regeln beibehalten werden muß. Wir wollen einen fairen Wettbewerb begünstigen, der den Wirtschaftstreibenden so viele Freiheiten wie nur möglich einräumt und nur unbedingt notwendige Regulierungen vorsieht. (Beifall des Abg. Haigermoser. ) Gleichzeitig sind aber Schutzbestimmungen für Leben, Gesundheit und Vermögen einzubauen und im Interesse der Betroffenen wohl auch auszubauen – Stichwort: EU-Anpassungen.

Sie, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum, haben in Ihrem Entwurf für eine neue Gewerbeordnung, wie Sie es bezeichnen, Vorschläge gemacht, welche bei genauer Durchsicht eher – ich weiß, es ist ein bißchen polemisch, was ich jetzt sage – in Richtung Abschaffung des Gewerberechtes gehen. Was bedeuten Ihre Vorschläge im einzelnen, wenn man sie hinterfrägt, wie Helmut Haigermoser es genannt hat?

Die Versicherung wird de facto Gewerbebehörde. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungen ersetzen zum Großteil, wie Sie es sagen, Hunderte von Paragraphen. Wir wissen, wie schwer sich die Bürger tun mit dem vielen Kleingedruckten in Versicherungsverträgen. Der Konsumentenschutz würde in vielen Bereichen sehr, sehr stark reduziert werden, wenn nicht zum Teil, wenn man die entsprechenden Verordnungsermächtigungen aufhebt, sogar abgeschafft werden. Die Reduzierung in der Form, wie Sie es sich vorstellen, würde in manchen Bereichen eine Gefährdung der Berufsausbildung bedeuten. – Vielleicht irre ich mich. Ich merke nur kritisch an. Setzen wir uns damit auseinander!


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