Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 35

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Sie messen, und da müssen Sie sich, Herr Bundesminister, schon die Frage gefallen lassen, wie Sie es mit der Kontinuität und der Berechenbarkeit im österreichischen Steuerrecht halten.

Herr Bundesminister! Wo sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit, wenn Sie es zulassen, daß Steuergesetze rückwirkend in Kraft treten?

Herr Bundesminister! Wo sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit, wenn Sie Steuergesetze in Verfassungsrang erheben lassen, um damit dem Steuerbürger den Zugang zum Recht zu verweigern? (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Freiwillige Redezeitbeschränkung.

Wo, Herr Bundesminister, sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit, wenn Sie handstreichartig eine Mindestkörperschaftsteuer von 50 000 S einführen, damit zahlreiche Jungunternehmer in den Ruin treiben und Neugründungen von Unternehmen in Form einer GmbH praktisch unmöglich machen?

Wo, Herr Minister, sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit in der Steuerpolitik, wenn Sie praktisch ohne jede Vorwarnung Verlustvorträge für zwei Jahre sistieren – mit all den negativen Konsequenzen bis hin zur Insolvenz und Vernichtung von Hunderten und Tausenden Arbeitsplätzen?

Wo, Herr Bundesminister, sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit, wenn Sie einer Werkvertragsregelung zustimmen, von der Sie sagen, daß Sie sich bei ihr selbst nicht auskennen?

Herr Bundesminister! Wo sehen Sie Berechenbarkeit und Kontinuität im Steuerrecht, wenn Sie rückwirkend Sonderausgaben kürzen und damit die Lohn- und Einkommensteuer massiv erhöhen, wodurch es einem weiten Bereich in der Bevölkerung nicht mehr möglich ist, eine Kranken-Zusatzversicherung, die langfristig abgeschlossen wurde, weiter zu finanzieren oder sich ein Bauspardarlehen und dessen Rückzahlung zu leisten?

Wo, Herr Bundesminister, sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit, wenn Sie überfallsartig die Abschreibungsdauer von Althaussanierungsinvestitionen von 15 auf 67 Jahre erhöhen und damit langfristige Finanzierungen in Frage stellen?

Wo, Herr Minister, sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit, wenn Sie neben den laufenden Vorauszahlungserhöhungen einen zusätzlichen fünfprozentigen Zuschlag bei den Ertragsteuern vorschreiben, wohl wissend, daß gerade in diesen Jahren die wirtschaftliche Ertragslage der Unternehmungen schlecht ist und die Vorauszahlungen daher überhöht sind?

Wo, Herr Minister, sehen Sie Kontinuität und Berechenbarkeit, wenn Sie die Besteuerung im Bereich des 13. und 14. Gehalts massiv verschlechtern?

Wenn Sie also, Herr Bundesminister, von Kontinuität und Berechenbarkeit im österreichischen Steuerrecht reden, dann ist das eine Verhöhnung der österreichischen Steuerzahler. Noch nie, Herr Minister, war die Rechtsunsicherheit, die Unberechenbarkeit in der österreichischen Steuerpolitik so groß wie heute! Und ich weiß, wovon ich rede, Herr Bundesminister, als einer, der seit mehr als dreieinhalb Jahrzehnten mit der Steuergesetzgebung auf Gedeih und Verderb verbunden ist, zunächst als Finanzbeamter und seit mehr als einem Vierteljahrhundert als selbständiger Steuerberater.

Eines muß ich Ihnen sagen, Herr Bundesminister – leider ist die Zeit schon längst abgelaufen (Ruf bei der SPÖ: Jawohl!) –: Die freiheitliche Stellung zu diesem brisanten Bericht ist eine andere als jene, die wir von der sozialistischen Reichshälfte hören. Wir sagen eines: Runter mit den Steuern, dafür weniger staatliche Zwangsbeglückung! Weniger Umverteilung, dafür mehr soziale Gerechtigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. Er hat das Wort.

10.24


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