Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 60

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In diesem Bericht über die in Armut lebenden Kinder kommt noch eines dazu – und das sollten wir nicht außer acht lassen: daß neben dem monetären Faktor eine Reihe anderer Faktoren ausschlaggebend ist dafür, wie Kinder aufwachsen und welche Möglichkeiten sie haben. Neben der Betreuungszeit der Eltern und neben dem Umfeld, dem engsten Umfeld der Kinder sind auch noch weitere Fragen, wie zum Beispiel auch der Zugang zur Bildung, erläutert. Auch das scheint mir eine ganz wesentliche Frage zu sein.

Ich kann mir vorstellen, daß wir darüber – und ich habe in den letzten Wochen ja die Zeitungsmeldungen hier im Hause verfolgt – auch noch weiter und öfter diskutieren werden.

Es ist mehr notwendig, als, wie Kollege Kier, nur zu sagen, es muß eine andere Verteilung in der Familienförderung stattfinden. Es ist vielmehr notwendig, in eine vertiefte Debatte einzutreten –anders, als Kollege Höchtl es getan hat – und sich die einzelnen Faktoren ganz genau anzuschauen. Ich befürchte aber, daß Sie dann in einigen Bereichen, etwa im Bereich Bildung, darangehen – wenn ich eben diese Meldungen verfolge, nach den Wahlen überhaupt –, Situationen oder Faktoren zu schaffen, die den Zugang zur Bildung erschweren und somit eigentlich einen Rückschritt darstellen.

Aber zurück zum Bereich der Betroffenheit von Frauen von diesen Maßnahmen, und dazu auch ein Entschließungsantrag. Wie bereits gesagt, berücksichtigt dieser Verteilungsbericht nicht die Auswirkungen der in den letzten Jahren getroffenen Sparmaßnahmen und Konsolidierungsmaßnahmen. Jetzt wissen wir aber inzwischen durch zahlreiche Berichte, auch offizielle Berichte, auch zum Beispiel durch Urteile des Verwaltungsgerichtshofes, wie diese Sparmaßnahmen wirken beziehungsweise zu wirken beginnen.

Ein Beispiel, das besonders betroffen macht, das durchaus auch in engem Zusammenhang zu sehen ist mit der gestrigen Debatte, einer in der Fragestunde angeschnittenen Diskussion über Beschäftigungspolitik insgesamt: die Teilzeitarbeit. Die Teilzeitarbeit wird ja von vielen von Ihnen hier immer wieder als das adäquate und probate Mittel anzupreisen versucht, um die Beschäftigung von Frauen noch weiter zu erhöhen, und das ist in den letzten Jahren sicherlich auch geschehen.

Wir wissen, daß die Beschäftigung von Frauen in den letzten Jahren sehr stark gestiegen ist, sicher auch aufgrund der Teilzeitbeschäftigung. Diese erweist sich aber jetzt, gerade im Lichte dieser Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen, immer mehr wie eine Keule und nicht wie eine unterstützende Maßnahme. Warum? – Weil verschiedene Urteile des Verwaltungsgerichtshofes unsere Befürchtungen – leider – bestätigt haben.

Diese Urteile besagen, daß Teilzeitarbeit nicht genügt, um einen Anspruch auf Bezug der Arbeitslosenunterstützung zu begründen. Das heißt, war eine Frau teilzeitbeschäftigt oder äußert eine Frau bei einem Gespräch am Arbeitsamt auch nur den Wunsch, teilzeitbeschäftigt zu sein, weil sie Betreuungspflichten hat, ist das bereits ausreichend, um sagen zu können, es genügt nicht, sie kann keine Arbeitslose beziehen.

Warum ist das so? – Bisher war das Faktum der Arbeitswilligkeit ausschlaggebend, um die Unterstützung für Arbeitslose zu bekommen. Seit dem letzten Sparpaket, seit dem sogenannten Sparpaket 2 ist es nicht mehr nur die Arbeitswilligkeit, sondern es geht auch um die Frage der Verfügbarkeit. Das heißt, eine Frau muß – das ist die Praxis – eine Vollerwerbstätigkeit annehmen, gleichgültig, ob sie Betreuungspflichten hat oder nicht.

Das ist das eigentlich Bestürzende daran. Denn einerseits werden Frauen damit gezwungen, Arbeiten anzunehmen, gleichgültig, ob sie ihren Betreuungspflichten nachkommen können oder nicht, das heißt, gleichgültig, ob sie ihre Kinder entsprechend betreut wissen oder nicht. Da schließt sich sozusagen der Kreis zu der Frage, was die Faktoren sind, unter denen Kinder glücklich oder nicht glücklich aufwachsen, und auf der anderen Seite schließt sich der Kreis ebenfalls. Möchte eine Frau nämlich eine Teilzeitarbeit annehmen, weil sie eben diese Betreuungspflichten sonst nicht erfüllen kann, dann verliert sie jeden Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung.


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