Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 119

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wie 1995, auch im nächsten Jahr sind sie gleich hoch. Das ist eine große Leistung, das muß man einmal sagen. Aber es ist nicht zu leugnen, daß sich die Bundestheater von diesem Subventionskuchen, der hier zur Verteilung steht, ein großes Stück abschneiden.

Michael Wimmer, ein Kulturanalytiker und Leiter des ÖKS, schreibt zu diesem Thema, daß 1,4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für die Kulturförderung in unserem Land der Bund, die Gemeinden, die Länder beisteuern. Das ist international gesehen ein unvorstellbar hoher Wert. Da sind wir fast Weltmeister. Er schränkt das aber ein, indem er sagt, daß das alles in die institutionalisierten Bereiche geht, das heißt, in die Kunsthochschulen, die Museen, unter anderem auch in die Bundestheater und die Anteile, die der Bund an den Landestheatern trägt. Mehr oder minder 10 Prozent davon gehen in den zeitgenössischen Bereich der Kunstproduktion.

Das ist international gesehen allerdings wieder sehr, sehr wenig.

Ich komme jetzt zu den Strukturen an den Theatern. Wie anachronistisch nämlich die Strukturen an den bestehenden Theatern sind, zeigt sich im Bereich des Musicals. Mit diesen Strukturen, wie sie sich am subventionierten Theater entwickelt haben, kosten zwei Musicalbühnen den Steuerzahler 250 Millionen Schilling. Also das, was auf der ganzen Welt mit Einnahmen und mit Gewinn verbunden ist, kostet bei uns 250 Millionen Schilling!

Ich meine, daß das ein Erbstück ist, daß wir Theaterbetriebe oder Strukturen aus Theaterbetrieben übernehmen, die für diese Form des Theaters nicht geeignet sind und die wir zu adaptieren vergessen haben. (Bundesminister Dr. Scholten: ... Bundesbudget!) – S chon richtig, ich komme noch darauf.

In so einem Betrieb wird auf eine ganz andere Art und Weise gearbeitet als in den Bundestheatern. Das heißt, wir haben Durchsteher bei den Bühnenbildern, es sind immer dieselben Beleuchtungen, es gibt dieselben Computereinstellungen, und die Produktionen laufen zwei, drei, vier, fünf bis zehn Jahre.

Was lernen wir daraus? – Wir sagen nicht nur: Okay, die Vereinigten Bühnen Wiens verbrauchen das!, sondern sie haben eben auch die Struktur dieser Theater, also der traditionellen Theaterinstitutionen übernommen, und das sollte uns zu denken geben.

Wir erfahren also über den Umweg Musicaltheater etwas über die Strukturen und etwas über die Effizienz der technischen und organisatorischen Strukturen der anderen bestehenden Theater, also auch der Bundestheater. Die Organisationsformen traditioneller Theater sind mittelfristig, wenn alles so bleibt, wie es ist, der Tod der Theater. Das kann vom Gesetzgeber und von uns eigentlich nicht beabsichtigt sein. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinn ist auch die Kritik von Ioan Holender zu verstehen, der meint: Die Arbeitszeit von Technik, Chor, Ballett und Orchester sind nicht koordiniert, ich kann hier nur durch Bertriebsvereinbarungen überleben. Oder: Das könnte alles viel effizienter und billiger werden, ohne die sozialen Errungenschaften anzutasten. Ich bin auch für geregelte Arbeitszeiten, meint Hollender, aber daß der Chor am Nachmittag nicht proben kann, wenn am Abend eine Vorstellung ist, selbst wenn ein Ballett am Programm steht, ist absurd. Auch die kollektivvertraglichen Regelungen bei Gastspielen müssen überdacht werden. Hier sind wir so teuer, daß wir nur mehr in Japan gastieren können. Dafür wäre die Bundestheaterverwaltung eigentlich da. – Soweit Holender.

Oder: Die Uniformierung durch die gemeinsame Verwaltung hat für beide auch viele negative Seiten. Oder: Ich habe keinen Einfluß darauf, welche Fremdarbeiten vergeben werden und welche nicht, daher kann ich auch für eine Produktion nie eine ordentliche Kostenrechnung erstellen. – Soweit Ioan Holender.

Das nennt man also einen Reibungsverlust. Daß das natürlich Geld kostet, ohne daß das Theater etwas davon hat, versteht sich nach dieser Wortmeldung von selbst.


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