Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 56

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Es ist dies nicht nur eine Frage von drei Strafrechtstatbeständen, die nicht heterosexuell orientierten Menschen in diesem Land das Leben schwermachen, sondern es gibt eine Fülle von Bestimmungen im österreichischen Recht, wonach es Diskriminierung, Ungleichbehandlung oder unterschiedliche Behandlung gibt. Ich knüpfe an die heutige Entscheidung die Hoffnung, daß wir uns auch mit all diesen Punkten auseinandersetzen und daß jene zivilrechtlichen Bestimmungen, die zwecks Reform auf der Tagesordnung stehen müßten, endlich reformiert werden. Wenn die Strafrechtstatbestände aufgrund der heutigen Entscheidung weiter bestehen bleiben, dann sehe ich diesbezüglich schwarz. Das ist ein Umstand, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Sie mit bedenken sollten! (Beifall bei den Grünen, dem Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das STRÄG 1996, das uns Mitgliedern des Justizausschusses ja schon als STRÄG 1992 bekannt ist – kein anderes Gesetz wurde so lange und so intensiv im Nationalrat behandelt wie dieses –, ist ein Gesetzeswerk, dessen Novellierungsbedarf außer Streit steht. Es muß auf neue, veränderte Erscheinungsformen von Kriminalität eingegangen werden, und es muß eine Reaktion des Staates und des Nationalrates darauf erfolgen.

Ich habe nicht mehr die Zeit, das alles im Detail zu erläutern, aber ich möchte Ihnen sagen, daß der Justizausschuß und Sie, meine Damen und Herren, abgesehen von den Strafrechtstatbeständen, die Homosexuelle diskriminieren, die Möglichkeit hätten, einige kleine Korrekturen anzubringen.

Im großen und ganzen findet das, was heute beschlossen werden soll, meine Zustimmung, aber im Detail finden sich ein paar Absurditäten, die ich geradezu haarsträubend finde.

Kolleginnen und Kollegen! Ist Ihnen die Tatsache bekannt, daß es im österreichischen Strafgesetzbuch einen Paragraphen gibt – und ein Abänderungsantrag meinerseits bezieht sich auf die Abschaffung dieses Paragraphen –, der die Entführung einer wehr- und willenlosen Frau sanktioniert? Wer nämlich eine Frau, die geisteskrank ist oder sich in einem Zustand befindet, der sie zum Widerstand unfähig macht, entführt oder sie sexuell mißbraucht, der wird in Österreich bestraft. – So weit, so gut. Aber das bezieht sich nur auf Frauen. Das österreichische Strafgesetzbuch suggeriert, was heißt, suggeriert, es ist ganz offensichtlich von dem Gedanken bestimmt, daß die Frau dem Manne untertan zu sein hat, denn umgekehrt gibt es diese Bestimmung nicht. Es ist für das österreichische Strafgesetz offensichtlich nicht vorstellbar, daß ein Mann so willenlos ist, daß er zu sexuellen Handlungen verführt wird, die er selber nicht möchte.

Was würde Sie daran hindern, diesem Paragraphen eine geschlechtsneutrale Fassung zu geben? – Also ich halte es für einen Irrtum Ihrerseits, wenn Sie dies weiterhin so aufrechterhalten. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) – 3 Minuten noch, bitte.

Aber, meine Damen und Herren, es geht ja noch weiter. Das österreichische Strafgesetzbuch, das diesen Umstand sanktioniert, entschuldigt dieses Verhalten, wenn es zu einer nachfolgenden Hochzeit kommt. Wer also eine Frau entführt und vergewaltigt und sie später heiratet, der geht leer aus – leer im Sinne von ohne Bestrafung. Das ist doch wirklich unglaublich!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was haben solche Bestimmungen im österreichischen Strafgesetzbuch verloren? – Darum mein Vorschlag – und dieser wird von mir in Form eines Abänderungsantrages eingebracht werden –, diese Bestimmung zu streichen.

Dasselbe gilt für die Tatsache, daß die Verjährungsfrist unterschiedlich zu Deutschland ist in bezug auf den sexuellen Mißbrauch von Kindern. Eine alte Forderung ist – und das ist etwas, was tatsächlich den Schutz der Integrität von Menschen bedeuten würde –, daß die Verjährungsfrist auf das vollendete 18. Lebensjahr des Opfers abgestellt wird. Das insbesondere deshalb, weil diese Dinge aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Tätern und Opfern – solche Sachen spielen sich sehr, sehr oft im Abhängigkeitsbereich, im Familienbereich ab – einfach nicht ans Licht kommen, was die Strafbehandlung der Täter verunmöglicht. Zudem ist es häufig so, daß gerade bei Sexualdelikten und bei sexuellem Mißbrauch von Kindern die Erinnerungen erst viel später wiederkehren – in der Regel bei Therapien – und dann eine Verfolgung nicht mehr möglich ist. Daher haben wir auch dazu einen Abänderungsantrag vorbereitet, der den


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