Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 45

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Frau Ministerin! Mir ist schon klar: Sie sind nicht die "eiserne Lady", Sie haben auch keine Putzfrau und keine Friseurin, die Ihnen Ratschläge gibt. Das Problem, das ich oder wir mit Ihrer Bildungs- beziehungsweise Schulreform haben, ist folgendes: Sie haben einige konservative Gewerkschaftsfunktionäre im Nacken, die Ihnen offensichtlich bei den Zielen dieser Schulreform, um die es gegangen ist, das diktiert haben, was dann tatsächlich den Tenor dieser Schulreform ausgemacht hat. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Nicht die Lehrer, nicht die Eltern und nicht die Schüler haben die Schule beziehungsweise diese Schulreform in Geiselhaft genommen, sondern einige konservative Gewerkschaftsfunktionäre, die sich in ganz wesentlichen Punkten durchgesetzt haben. Ich erwähne nur: Aufsteigen mit Nichtgenügend und die Kernziele der Integration.

Ich erinnere daran, daß der Pflichtschulgewerkschafter Helm erklärt hat, Integration sei ein Verbrechen an den Kindern. Das ist ein Zitat, das man auf sich wirken lassen muß. Dementsprechend erklärt sich auch die verbissene Haltung und das Engagement dieser konservativen Truppe gegen die Integration beziehungsweise gegen wesentliche Ziele, die Sie im Zuge der Schulreform durchzusetzen versucht haben.

Frau Ministerin! Ich will Ihnen Ihr Engagement nicht absprechen. Es ist ja tatsächlich so, daß das, was jetzt noch in diese Schulreform hineingerettet werden konnte, wahrscheinlich nur auf Ihren Einsatz beziehungsweise auf den doch sehr massiven Einsatz und das Engagement von Integrationsverbänden und Behindertenvereinen und ein bißchen auch auf die öffentliche Debatte zurückzuführen ist. Ich möchte aber trotzdem festhalten: Mit dieser Reform wird Integration erschwert und behindert, und daher wird diese Reform auch Widerstände hervorrufen.

Einige Beispiele: Am Dienstag wurde in der Sendung "Report" ein Beitrag gebracht, der meiner Meinung nach das Problem der Integration sehr gut charakterisiert hat. Es war ein – würde ich sagen – ausgezeichneter Beitrag, da es gelungen ist – etwas, was für ein Medium wie das Fernsehen sehr schwierig ist –, dieses Thema sehr differenziert darzustellen. Mit Hilfe von einigen Bildern konnte man da mehr über Integration erfahren – sofern man das wollte –, als das sonst mit Hilfe von langen Aufsätzen möglich ist.

Man hat auf der einen Seite eine engagierte Klasse gesehen, in der Integration mit innerer Differenzierung des Unterrichts betrieben wird, engagierte Lehrer, engagierte Schüler, egal, ob behindert oder nichtbehindert, die offensichtlich fähig sind, miteinander zu kommunizieren. Das Gegenbeispiel war eine Klasse, in der ein ganz traditioneller Unterricht stattgefunden hat – also ein Modell, das Sie immer anpreisen, meine Damen und Herren vor allem von der ÖVP –, in der "Integration" so aussieht, daß man während der entscheidenden Schulgegenstände die behinderten Kinder vom Unterricht ausgeschlossen hat. – Das ist nicht das Modell von Integration, das wir uns vorstellen.

Die Schüler, egal, ob behindert oder nichtbehindert, erleben das genauso. Sie dürfen nicht glauben, daß die das anders empfinden. Die behinderten Schüler werden einfach aus der Klasse hinausgeführt.

Es gab noch sehr wichtige Stellungnahmen von den Betroffenen, vor allem von den Lehrern, die erklärt haben, im wesentlichen seien sie alleingelassen worden. Auch jene Lehrerin, die in traditioneller Form unterrichtet hat, hat das festgestellt, und auch der Volksschuldirektor hat erklärt, das sei eine Aufgabe gewesen, mit der er zuerst überhaupt nicht umzugehen wußte. Das – und es sei bei dieser Gelegenheit bemerkt – ist eine Aufgabe, die im Zuge der Schulreform zu lösen wäre. Es wurde aber verabsäumt, das in den Diskussionen der letzten Wochen zu besprechen.

Meine Damen und Herren! Behinderung an den Schulen wird nicht durch die Behinderten oder durch den Umgang der Nichtbehinderten mit den Behinderten produziert, sondern die Behinderung an den Schulen, die Behinderung der Integration, wird von konservativen Gewerkschaftsfunktionären produziert – nicht von den Lehrern, deren Engagement unbestritten ist, nicht von den Schülern, deren Engagement unbestritten ist, und auch nicht von den Eltern, deren Engage


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite