Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 69

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schon lange klar sein, daß Kooperationsklassen keinesfalls Integrationsklassen sind, sondern nach wie vor Sonderschulklassen. Wer die Eltern belügen oder irreführen will, indem er versucht, ihnen weiszumachen, daß sie das Kind in eine Kooperationsklasse geben sollen, dem muß klar sein, daß er dieses behinderte Kind damit nach wie vor in die Sonderschule schickt. – Kooperationsklassen sind Sonderschulen. Das kann nicht laut und oft genug gesagt werden!

Es ist unzumutbar, menschenunwürdig und entspricht keinesfalls dem Gleichheitsgrundsatz, wenn behinderte Kinder nur deshalb, weil sie behindert sind, in Unterrichtsfächern aus der Klasse geschmissen werden, weil sie dort vielleicht stören könnten. – Es ist so! In Kooperationsklassen werden zum Beispiel in Deutsch oder in anderen wichtigen Fächern behinderte Kinder aus der Klasse gewiesen. Jene, die das nicht glauben, mögen sich eine Kopie der gestrigen "Zeit im Bild" oder eine Kopie der Sendung vom Dienstag holen. Es ist so in der Praxis!

Wenn man heute sagt, diese Novelle sei ein Fortschritt, dann lügt man sich selbst an. Diese Novelle ist hinsichtlich der Integration kein Fortschritt, denn die Erhöhung der Zahl auf fünf macht Integration in Zukunft unmöglich, außer man will – das habe ich auch der Wahrnehmung von Frau Moser entnommen –, daß auch sozial schwache Kinder als behindert deklariert werden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler. )

Mir wurde erklärt, bei den fünf Kindern gehe es gar nicht um rein geistig oder körperlich behinderte Kinder, darunter fielen auch sozial schwache Kinder. (Abg. Mag. Mühlbachler: Wovon reden Sie denn?) Wenn man heute sozial schwache Kinder stigmatisiert, indem man ihnen den Stempel der Behinderung aufdrückt, dann hört sich alles auf! (Abg. Steibl: Das tut ja kein Mensch!)

Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann frage ich mich, wie es in Zukunft möglich sein soll, fünf stark behinderte Kinder in einer Integrationsklasse qualitativ gut und hochwertig zu unterrichten. Das ist nicht möglich! Sie alle wissen, daß nicht einmal jetzt, wo nur vier Kinder in den Integrationsklassen sind, sichergestellt ist, daß die gewünschte Qualität erreicht wird. Es ist bis heute weder sichergestellt, daß für die Lehrer entsprechendes Lehrmaterial vorhanden ist, noch ist dafür gesorgt, daß in den Integrationsklassen Zweitlehrer vorhanden sind. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das hängt ja nicht von "vier" oder "fünf" ab! Der Schluß ist nicht logisch!)

Sie brauchen sich nicht so aufzuregen, Sie können dann hierher kommen und Ihren Unmut von diesem Podium aus kundtun.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, wie die Situation der Integrationslehrer in Österreich ist, ich kenne genug. Ich weiß auch, wie schwer es Lehrern gemacht wird, wenn sie in der Schule Integration haben wollen. Ich weiß noch viel besser, wie schwierig es ist, wenn engagierte Sonderschullehrer von der Sonderschule weg und in Integrationsklassen wollen: Die haben keine Chance! – Es wird versucht, Integration in der Schule nach allen Regeln der Kunst zu verhindern. Und Lehrern, die engagiert sind und Integration wollen, wird dies nicht ermöglicht! (Rufe bei der ÖVP: Wo? – Abg. Mag. Mühlbachler: Von wem reden Sie denn?) – Ich werde Ihnen das, wenn Sie wollen, später erzählen, aber unterbrechen Sie mich bitte nicht in meiner Rede! (Abg. Kiss: Behaupten Sie nicht etwas, was Sie nicht beweisen können! – Das ist ja unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Sie wissen, Österreich hat die Salamanca-Erklärung unterschrieben, aber davon wollen Sie nichts mehr wissen. (Abg. Kiss: Bei jeder Ihrer Rede kommen Sie heraus und behaupten Dinge, die Sie nie beweisen können! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Frau Ministerin Gehrer behauptet, die Sonderschule sei eine Regelschule so wie die Volksschule. Frau Ministerin Gehrer: Wozu brauchen wir dann die Sonderschule, wenn sie ohnehin eine Regelschule ist? – Dann hören wir doch auf mit diesem System, dann besteht doch überhaupt keine Notwendigkeit mehr dafür!

Wenn Sie glauben, daß die beste Möglichkeit für behinderte Kinder noch immer die Sonderschule ist, dann muß ich Ihnen sagen: In diesem Fall sind Sie schlecht beraten!


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