Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 117

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haben: So dumm und naiv können Sie doch nicht sein, zu glauben, Sie hätten mit diesem Antrag etwas erreichen können! – Da muß ich Sie schon fragen: Wie "dumm" muß dann erst die gesamte sozialdemokratische Fraktion sein? Wie "dumm" müssen dann 238 Europa-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier sein? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Rauch-Kallat: Tatsächliche Berichtigung!) Wie "dumm" muß dann eigentlich eine Bundesregierung sein, deren Bundeskanzler dankenswerterweise heute klar bestätigt hat, daß dieser Antrag genau auf der Linie der Regierungspolitik gewesen ist? – Ich glaube, so einfach kann man es sich nicht machen, vor allem auch nicht, indem man sagt: Es gibt im EURATOM-Vertrag richtigerweise auch noch einen Passus, der sich mit Gesundheitsschutz auseinandersetzt.

Frau Kollegin Rauch-Kallat! Sie und ich und wir alle wissen doch ganz genau: Das sicherste AKW, bei dem man keinen Gesundheitsschutz mehr braucht, ist das stillgelegte AKW. (Abg. Wurmitzer: Irrtum! – Abg. Dr. Fuhrmann: Das sicherste AKW ist das nicht aufgesperrte!) – Richtig! Das nicht aufgesperrte AKW Zwentendorf.

Das war die Intention dieses Antrages in Richtung EURATOM-Umbau. Daß das AKW Zwentendorf nicht aufgesperrt wurde, das haben wir ja geschafft, und das war eine Leistung der Österreicherinnen und Österreicher! Das sollte ein "Exportgut" sein, und zwar ein ideelles.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Blamage der ÖVP-Fraktion in Brüssel war ja nur ein Höhepunkt einer Entwicklung in der österreichischen Anti-Atompolitik, die zum Teil – ich betone sehr laut und deutlich: zum Teil! – merklich leiser, merklich vorsichtiger, merklich ruhiger geworden ist, und zwar dann, wenn es um Wirtschaftsinteressen geht.

Da gibt es einen Teil der Bundesregierung, der nach wie vor engagiert in diesem Bereich unterwegs ist und kämpft – Stichwort EBRD. Da hat der österreichische Vertreter volle Unterstützung von Wien, von seinem Ministerium, und, wie ich annehme, auch von seiten des Bundeskanzlers, und da wird couragierte Politik gemacht, genauso, wie es sein sollte. Das kann sich sehen lassen! Das ist genau das, was Österreich im Bereich der EBRD braucht.

Wie schaut es in anderen Bereichen aus? Beispiel: Internationale Atomenergie-Organisation – nichts gehört von Österreich in Richtung Umbau der IAEO.

Oder: EURATOM – wir kennen diese letzte Geschichte, das Debakel der ÖVP.

Nächster Bereich: alle anderen internationalen Organisationen, oder: Verhandlungen mit Bundeskanzler Kohl in Deutschland, was die Mochovce-Finanzierung betrifft. – Ich muß sagen, um all diese Vorhaben ist es sehr, sehr still geworden.

Ich war vor drei Wochen in Washington und habe mit Miss Belada, der Direktorin der ExIm-Bank, bezüglich der Frage der Temelin-Finanzierung über die ExIm-Bank in Höhe von vier Milliarden Schilling gesprochen. Sie hat zu mir gesagt, es war für sie verblüffend, daß einerseits vor zweieinhalb Jahren eine österreichische Regierungsdelegation in Washington war und engagiert gegen diese Finanzierung gekämpft hat. Es war für sie aber andererseits auch verblüffend, daß seitens der österreichischen Bundesregierung seit dem damaligen Zeitpunkt kein Engagement mehr vorhanden war und niemand mehr interveniert hat. – Das muß ich sagen, ist halbherzig. Das ist nicht die Offensive, die wir zur Entsorgung einer Lebensbedrohung brauchen würden!

Das ist nicht die Qualität, die Überzeugung und die Energie, die wir brauchen würden, um ein derartiges Problem zu lösen!

Nächstes Beispiel: Prag. Bei Gesprächen im Prager Parlament ist die häufigste Antwort, die ich immer wieder höre: Von österreichischer Seite hört man seit zwei, drei Jahren diesbezüglich nur mehr sehr wenig.

Dieser Eindruck gehört verändert, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe allerdings das Gefühl, daß es, was das Engagement und die Energie betrifft, mit der Anti-Atompolitik betrieben wird, einen Riß in der Bundesregierung gibt. Es gibt zwar in dieser Frage einen verbalen Konsens, und ich glaube, daß auch der Außenminister diesen Konsens mitträgt, was jedoch das


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