Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 62

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Es geht nicht darum, die Meisterprüfung abzuschaffen. Es geht darum, ihr die zwangsweise Voraussetzung zum Gewerbeantritt zu nehmen, sie bleibt jedoch eine wünschenswerte Weiter- und Fortbildung nicht nur in der Qualität der Dienstleistung am Kunden, sondern auch in der der Lehrlingsausbildung.

In der Lehrlingsausbildung selbst werden wir nur dann einen Schritt weiterkommen, wenn wir den Mut haben, die Zeit, während der der Lehrling im Betrieb ist, und die Schulzeit zu entkoppeln und zu sagen, die Schulzeit des Lehrlings ist ein Teil der sekundären Bildungsstufe.

Darüber sollten die Koalitionsparteien Verhandlungen aufnehmen. Wir sind gerne bereit, in dieser Richtung mitzuarbeiten, denn so, wie die Lehrlingsausbildung heute läuft, wird sie sich weiter reduzieren, und ich bedaure das, weil das auch ein großes Problem hinsichtlich der Jugendarbeitslosigkeit ist.

Zum Schutzzertifikatsgesetz gibt es wenig zu sagen. Wir werden zustimmen. Der Antrag des Herrn Abgeordneten Prinzhorn wurde im Ausschuß von ihm selbst geringfügig abgeändert. Wir glauben, ihm zustimmen zu können, weil wir meinen, daß dieser Antrag von Herrn Prinzhorn aus Sorge um den wirtschaftlichen Rückfall Österreichs gestellt wurde.

Meine Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß wir, was das Wirtschaftswachstum betrifft, an letzter Stelle der Europäischen Union stehen. Wir sollten aufhören, die Realität nicht zur Kenntnis zu nehmen. Wir haben alle Probleme, aber auch alle Chancen dieser Welt, der Wandel der Märkte ist jedoch schneller als der Wandel unserer Reformen. Und das macht betroffen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Haigermoser. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

12.00

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Helmut Peter hat jetzt den Antrag Prinzhorn ins Gespräch gebracht. Ich meine, es ist wichtig, in dieser Richtung nachzudenken, denn die wirtschaftspolitischen Zahlen sprechen ja Bände, nämlich dergestalt, daß zum Beispiel das Handelsbilanzdefizit der ersten drei Quartale des laufenden Jahres 57,3 Milliarden beträgt, also eine – unter Anführungszeichen – "ordentliche" Zahl. Da müßten die Alarmglocken schrillen.

Darüber hinaus ist anzumerken, daß ein schwindendes Vertrauen der österreichischen Bürger in den Wirtschaftsstandort Österreich festzustellen ist, denn der Überschuß in der Kapitalverkehrsbilanz hat sich von 37, 7 Milliarden im Vorjahr deutlich auf 32,8 Milliarden verringert. Das ist eine Folge davon, daß die Österreicher ihre Käufe langfristiger ausländischer Wertpapiere verdreifacht haben. Das heißt, es ist eine Fluchtbewegung vom Wirtschaftsstandort Österreich in das Ausland feststellbar, und damit wird auch signalisiert, daß sich der schleichende Krebsgang der österreichischen Wirtschaft durchgesprochen hat.

Meine Damen und Herren! Das sind jetzt nicht die bösartigen Feststellungen der Opposition, sondern in einem der seriösesten ausländischen Printmedien, in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 2. Dezember 1996, wird unter dem Titel: "In Österreich zeigt sich die Wirtschaftslage unerfreulich" festgestellt: Schleppende Konjunktur und aufgestauter Reformbedarf – Stichwort Gewerbeordnung –, das Ende der Gemütlichkeit.

Dieses Ende der Gemütlichkeit hat sich leider Gottes noch nicht überall herumgesprochen, interessanterweise ist man in der Sozialpartnerschaft wieder auf Geldsuche, man will neue Belastungen erfinden. Kein Geringerer als der Sozialversicherungspräsident Leutner sagt zum Beispiel im Streit um die Chipkartenfinanzierung: Betriebe sollen zahlen. – Das ist eine einfache Rechnung, die Betriebe sollen zahlen, damit ist das Problem gelöst. – Mitnichten, meine Damen und Herren! Das Problem ist nicht gelöst.


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