Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 98

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herangezogen würden, gesagt wurde, mit solchen sinnwidrigen Tätigkeiten sollte man die Zivildiener nicht belasten, das würde sie an der Ausübung ihrer Arbeit hindern.

Herr Bundesminister, das kann doch nicht Sinn einer derartigen Regelung sein, daß Sie sagen, Einsatz im Katastrophenschutz, im Zivilschutz, in einem Bereich ureigenster umfassender Landesverteidigung sei sinnwidrig und würde den normalen Dienst der Zivildiener stören. Ich würde es mir wünschen, daß bei Schneekatastrophen und Unwettern die Zivildiener Seite an Seite mit unseren Soldaten und Grundwehrdienern an der Behebung dieser Mißstände arbeiten. Das wären sinnvolle Tätigkeiten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! In diesem Kompromiß gehen Sie von einer ganzen Reihe systemwidriger Regelungen aus. Sie gehen von Fiktionen aus und sind bei der Regelung dieser Fiktionen noch inkonsequent, etwa was die Frage der in der Verfassung festgehaltenen allgemeinen Wehrpflicht angeht. Die österreichische Bundesverfassung normiert, daß grundsätzlich für alle wehrtauglichen männlichen Staatsbürger allgemeine Wehrpflicht besteht und nur in Ausnahmefällen ein Wehrersatzdienst abgeleistet werden kann. Ein Wehrersatzdienst, Herr Bundesminister, kann aber nur dann geleistet werden, wenn der Betreffende Gewissensgründe glaubhaft machen kann, die ihm den Dienst mit der Waffe unmöglich machen.

In Wahrheit, Herr Bundesminister, haben wir schon seit der Abschaffung der Gewissenskommission, der Gewissensprüfung – und wir alle begrüßen diese Abschaffung, weil die Arbeit dieser Gewissenskommission sicherlich untauglich gewesen ist –, keine allgemeine Wehrpflicht mehr, sondern die allgemeine Wehrpflicht ist in eine allgemeine Dienstpflicht umgewandelt worden. Der Zivildienst ist kein Wehrersatzdienst mehr, sondern ein Alternativdienst, und jeder kann sich frei entscheiden, ob er Dienst mit der Waffe oder ohne Waffe machen will.

Die Verfassung und auch das Zivildienstgesetz schreiben vor, daß Gewissensgründe glaubhaft gemacht werden müssen, die den Dienst mit der Waffe verhindern. Merkwürdigerweise haben Sie aber bei den Ausschließungsgründen für die Zivildienstausübung im Gesetz nur den Fall einer gerichtlichen Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung mit Waffengewalt vorgesehen, nicht aber sonstige gewalttätige Handlungen, Herr Bundesminister. Es kann also jeder Raufereien, Gewalttätigkeiten der übelsten Art vollführen, für die er vielleicht sogar strafrechtlich verurteilt wird, aber Zivildienst kann er machen, wenn er behauptet, er könne aus Gewissensgründen den Dienst beim Bundesheer nicht ableisten.

Weiters ist vorgeschrieben, daß Zivildiener nur im Bereich der umfassenden Landesverteidigung eingesetzt werden sollen. Herr Bundesminister, erklären Sie mir, wie der Einsatz bei verschiedenen privaten Organisationen, für Verwaltungstätigkeiten im Bereich der Justizverwaltung und in der Sicherheitswache als Schutzwegregler mit dieser Anforderung der umfassenden Landesverteidigung in Verbindung zu bringen ist.

Auch wenn es immer wieder heißt, daß das Sozialsystem zusammenbrechen würde, wenn man die Zivildiener nicht in dieser Art und Weise hätte, meine Damen und Herren, halte ich dem entgegen: Als seinerzeit noch die Kommission tätig war, hat man nur 2 000 Zivildienstplätze gehabt, und nichts ist zusammengebrochen. Jetzt aber glaubt man, daß 8 000 unbedingt notwendig sind, um das ganze System aufrechtzuerhalten.

Man könnte auch noch weitere Widersprüchlichkeiten anführen, etwa bezüglich der Zivildienstdauer, Herr Bundesminister. Die ÖVP hat gesagt: 12 Monate, die SPÖ hat gesagt: 11 Monate, die Liberalen sprechen interessanterweise überhaupt nur von 10 Monaten. Jetzt hat man wieder einen Kompromiß geschlossen: 12 Monate, aber zwei Wochen Urlaub. Interessanterweise gibt es diesen Urlaub nicht nur für jene, die 12 Monate machen, sondern auch für jene, die noch die Zivildienstkommission absolviert haben und nur acht Monate Zivildienst machen müssen. Die bekommen jetzt auch eine Woche Urlaub.

Wunderbare Regelungen sind das also, nur versteht sie keiner, weil das alles sinnwidrig und widersprüchlich ist, meine Damen und Herren.

Disziplinarrecht, die Frage der Tauglichkeit – all das sind Dinge, die in diesem Zusammenhang anzusprechen sind. Warum kann jemand Zivildienst nur dann ableisten, wenn er für den


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