Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 140

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Gäste haben leider die fatale Eigenschaft, nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt ins Land zu strömen. Sie bevorzugen Stoßzeiten wie Weihnachten, Ostern, Semesterferien, Betriebsferien in großen Unternehmungen, zum Beispiel in Deutschland, und so weiter. Gibt es keine freie Betten, gibt es auch keine Gäste, die darin schlafen, und diese Gäste fehlen dann auch am Tennisplatz, in der Tankstelle, in den Wechselstuben, in den Trafiken, Restaurants und Supermärkten.

Man muß die Frage stellen: Was bringt dem Land insgesamt mehr Nutzen – das Bett mit der geringen Jahresauslastung, das da ist, wenn die Gäste da sind, oder das aus dem Markt genommene Bett, das gerade dann fehlt, wenn die Gäste da wären? – Die Rechnung ist nicht sehr kompliziert, sie hat nur den Nachteil, daß sie bisher in Österreich nicht angestellt wurde.

Meine Damen und Herren! Der Tourismus hat ohnehin schon genug Probleme. Die Deregulierungsdebatte, die jüngst für große Aufregung in der Landwirtschaft gesorgt hat, Herr Bundesminister, würde aber den bäuerlichen Tourismus, der bisher weniger Probleme hatte, in Schwierigkeiten bringen. Durch neue Steuerbelastungen des bäuerlichen Tourismus wird man den in Schwierigkeiten befindlichen gewerblichen Tourismus sicherlich nicht retten. Die Logik kann nicht gelten: Wenn schon die Gastwirte unter den bürokratischen Auflagen leiden, dann verlangt es das Gleichheitsprinzip, auch unsere bäuerlichen Zimmervermieter in Mitleidenschaft zu ziehen. Der Auftrag kann meiner Meinung nach nur sein, den gewerblichen Tourismus steuerlich zu entlasten.

Politiker in Österreich und in ganz Europa suchen derzeit Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Wertschöpfung im ländlichen Raum. Dabei würde die Beziehung Landwirtschaft – Tourismus, die als ungenützte Chance vielfach immer noch brachliegt, für beide positive Synergieeffekte ergeben.

Herr Abgeordneter Kiermaier! Ich bin Ihnen für Ihren Hinweis dankbar, denn Sie rennen bei mir da offene Türen ein. Ich glaube, auch das ist ein wichtiger Eckpfeiler für die ländliche Region, mit dem wir gewisse Problematiken aus dem Weg räumen und gemeinsam viele Dinge zum Guten wenden könnten. Zum Beispiel höhere Produktionserlöse für die Bauern in der Direktvermarktung, sprich Bauernhof-Gastronomiebetriebe, sowie eine attraktive Angebotspalette für den Gast, was sich wiederum positiv für das Beherbergungsunternehmen auswirkt, denn nur eine intakte Landschaft als Produkt einer flächendeckenden Landwirtschaft sichert auch die Grundlagen einer landschaftsgebundenen Tourismus- und Freizeitwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Prinzip und das Ziel einer nachhaltigen Tourismus- und Freizeitwirtschaft muß eine sinnvolle Verflechtung mit anderen Wirtschaftszweigen in der Region sein. Hier hat zum Beispiel – ich komme aus dieser Branche – der Bundesverband bäuerlicher Zimmervermieter, sprich Bundesverband "Urlaub am Bauernhof", ein zukunftsweisendes Konzept entwickelt. Der Bundesverband "Urlaub am Bauernhof" ist eine Vereinigung aller bäuerlichen Zimmervermieter und hat mit seinen 3 700 Mitgliedern und 42 000 Betten ein Qualitätsprogramm anzubieten, das in zunehmendem Ausmaß auch internationales Interesse weckt. Wir hatten in der letzten Woche sogar eine Delegation aus Japan hier, die sich für dieses Modell in Österreich interessiert, und auch eine Befragung des Wirtschaftsministeriums in Deutschland hat an den Tag gebracht, daß 7,2 Millionen deutsche Urlauber echtes Interesse an Urlaub am Bauernhof haben, aber zurzeit nützen nur 28 Prozent dieser 7,2 Millionen Befragten dieses Angebot, das heißt, hier schlummern noch gewaltige Potentiale. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Mit verschiedenen Spezialangeboten vom Reiterhof über Bio- und Gesundheitsbauernhof bis zu behindertenfreundlichem Urlaub und Urlaub am Weinbauernhof – Herr Zweytick macht ja das auch – sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Noch dazu ist Österreich das erste Land Europas, das eine bundesweit einheitliche Kategorisierung und Auszeichnung der Höfe durchgeführt hat. Ab dem Frühjahr 1997 wird erstmals ein Urlaubskatalog herausgebracht, der Angaben über Bauernhöfe mit speziellen Angeboten aus ganz Österreich beinhaltet.

Die Entwicklung zur Einkommenskombination auf den Bauernhöfen wurde in den vergangenen Jahren auch von öffentlicher Seite als wichtiger Lösungsansatz zur Existenzsicherung für


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