Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 19

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Bundesminister für Inneres Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Mir geht es bei der Reaktion auf den Bericht des CPT-Komitees nicht ausschließlich um Maßnahmen für die Bundespolizeidirektion Wien, sondern um ein Bündel von Maßnahmen, das sich an alle Sicherheitsbehörden und die darin Beschäftigten richten wird.

Ich darf Ihnen einige der Maßnahmen, die wir vorsehen, beispielsweise aufzählen:

Es ist einerseits geplant, in der ersten Jahreshälfte 1997 eine Woche der Menschenrechte durchzuführen. Sie wird im gesamten Ressort stattfinden. Ziel der Veranstaltung ist es, den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine praxisnahe Auseinandersetzung mit Grundrechten und deren Bedeutung für die alltägliche Arbeit zu ermöglichen.

Zweitens: Wir werden, da Mißhandlungsvorwürfe zu einem hohen Anteil auch Fremde betreffen, eine intensivierte Schulung in Angelegenheiten des Fremdenrechts durchführen, die auch im Jahr 1997 bundesweit angeboten und durchgeführt werden wird.

Drittens: Im Rahmen eines Modellprojektes wird demnächst im Bereich der Bundespolizeidirektion Linz und mindestens einer weiteren Sicherheitsdienststelle auch die Dokumentation der Vernehmung von Menschen, die wegen einer schweren Straftat angehalten werden, mittels Videoaufzeichnung erprobt werden. Dies soll belegen, daß eine Kontrolle der Vernehmung insgesamt nicht zu einer Schmälerung der Bedeutung des Personalbeweises führt. Wir folgen darin auch einer Anregung des CPT-Komitees.

Viertens: Das CPT geht in seinem Bericht davon aus, daß ein Angehaltener grundsätzlich ein Recht auf Anwesenheit seines Verteidigers bei seiner Einvernahme haben soll. Auch dies soll Gegenstand des Modellprojektes werden.

Fünftens: Die ärztlichen Kontrollen am Ende der sicherheitsbehördlichen Anhaltungen werden auf alle Fälle ausgedehnt, in denen der Angehaltene eine körperliche Beeinträchtigung behauptet oder sich einem Organ hiefür ein Anhaltspunkt ergibt. Es erfolgt also eine Ausgangs- oder Abschiedsuntersuchung durch den Arzt.

Wir planen weiters die Einrichtung eines Haftberaters und auch darin die Erfüllung einer nachdrücklichen Forderung des CPT.

Schließlich geht es auch darum, eine Verminderung des Schubhaftbelages herzustellen. Die hohe Zahl von Schubhäftlingen stellt den Vollzug im Bereich der Polizeigefangenenhäuser vor große Schwierigkeiten. Im Rahmen des geplanten Fremdenrechtsänderungsgesetzes werden daher unter anderem sogenannte gelindere Mittel zur Schubhaft eingeführt. Zudem wird nach Möglichkeiten gesucht, in Kooperation mit privaten Bauträgern kurzfristig mehr Hafträume zu schaffen.

Abschließend ist auch daran gedacht, die Zusammenarbeit zwischen Organen der Sicherheitsbehörden und der Justizwache zu vertiefen, da die Ausbildung von Polizisten und Gendarmen nicht primär auf den Dienst in Polizeigefangenenhäusern orientiert ist und wir daher eine intensivierte Kooperation mit jenem Wachkörper suchen, der für diese Aufgabe spezialisiert ausgebildet ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich finde es bedauerlich, daß es neuerlich zu einem derartig negativen Bericht dieses Europaratsausschusses gekommen ist. Es ist auch bedauerlich, daß ausschließlich die Wiener Polizei Gegenstand der Kritik ist. Gott sei Dank betrifft kein Kritikpunkt Gendarmerie, Justizanstalten oder Polizeidienststellen außerhalb Wiens.

Herr Bundesminister! Ich führe das auch auf ein Versagen der Führung zurück. Wird es daher auch personelle Konsequenzen geben?


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