Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 43

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Eines fällt auf – und damit möchte ich mich beschäftigen –, wie und mit welcher Intensität diese Angelegenheit in der Bundesregierung behandelt wurde. Drei Punkte sind mir dabei wichtig: Die Frage nach der innenpolitischen Aussagekraft des ganzen Vorganges, die Frage: Privatisierungen in Österreich – wie weiter? Und drittens die Frage des Anlaßfalles selbst: Bank Austria – CA.

Zum ersten Punkt, zur innenpolitischen Situation und der Aussagekraft der Geschehnisse der letzten Tage. Wirklich ins Auge stechend ist, mit welcher Intensität, mit welcher Härte und auch mit welcher Bereitschaft, letztlich auch die Konsequenz eines Bruchs der Koalition in Kauf zu nehmen, dabei vorgegangen wurde.

In der Bevölkerung stellen sich wohl viele Menschen die Frage: Warum wird in Österreich bei anderen Punkten nicht mit demselben Engagement verhandelt? Warum gibt es dafür keine Marathonsitzungen? Warum stellt nicht der Kanzler, der Vizekanzler, Bedingungen und setzt sie mit äußerster Entschlossenheit durch?

Wir werden im kommenden Frühjahr eine Reihe von Volksbegehren haben. Allesamt Punkte, zu denen die Regierung der Bevölkerung kein Angebot mehr macht, wo auch wir wissen, daß es unterschiedliche Standpunkte zwischen den Koalitionsparteien gibt, es aber nicht zu einer Lösung kommt, zu einem mehr oder minder guten Kompromiß. Man sagt einfach: Die Standpunkte sind unterschiedlich. Es passiert aber nichts in der Umweltpolitik, speziell auch in der Gentechnik.

Wir wissen, daß es unterschiedliche Haltungen zwischen Ministerin Krammer und Minister Bartenstein gibt. Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler! Warum verhandeln Sie darüber nicht nächtelang? Ist Ihnen dieses Thema nicht so viel wert wie der Einfluß von SPÖ oder ÖVP im Bankensektor, wie Ihre roten oder schwarzen Posten? Ist das nicht auch ein Thema, das elf Stunden harter Verhandlungen notwendig machen würde?

Oder der Tierschutz: Es gab bereits ein sehr erfolgreiches Volksbegehren. Eine halbe Million Menschen hat es unterstützt. Heute hätten wir die Verhandlungen darüber haben sollen, wie es damit weitergeht. Vielleicht ist es ein Symbol, daß gerade diese Verhandlungen Ihrem Bankenstreit zum Opfer gefallen sind. Der Tierschutz muß weiter warten, und damit all jene Menschen, die dieses Volksbegehren unterstützt haben.

Zur Frauenpolitik: Auch da wissen wir, daß es unterschiedliche Haltungen in der Regierung gibt. Dabei wäre es so wichtig, endlich etwas gegen die Diskriminierung der Frauen zu tun. Auch da sind es Frauen, Menschen aus der Bevölkerung, die aktiv werden, weil die Regierung dafür nicht mit derselben Intensität wie für die Creditanstalt und die Bank Austria kämpft.

Auch die Gesundheitsversorgung: Wir wissen, daß es dazu unterschiedliche Meinungen gab – sogar in diesem Hause. Es wird auf ein Volksbegehren verwiesen, und die Regierung sagt: Ja, da geht halt nichts weiter. – Das ist die eigentlich besorgniserregende Aussage.

Worum streiten Sie noch? – Sie streiten um Ihren Einfluß. Seit Sie sehen, daß der politische Einfluß der Parteien in Österreich zurückgeht, daß Sie kein großes Ziel mehr gemeinsam verfolgen, versuchen Sie, Ihren Einfluß im staatsnahen Bereich zu sichern: im Bankensektor, im Versicherungssektor, in der E-Wirtschaft. Ihr Hauptaugenmerk gilt der Rettung Ihrer Pfründe – und nicht den Angelegenheiten, die der Bevölkerung wirklich am Herzen liegen, die im Frühjahr etwa Gegenstand der Volksbegehren sein werden. (Beifall bei den Grünen.)

Weiters: Die leidvolle Geschichte der Privatisierungen in Österreich. Diese Geschichte war eine leidvolle. Herr Vizekanzler! Auch Sie haben damit schon schlimme Erfahrungen gesammelt. Ich erinnere etwa an das Verkehrsbüro, an die Diskussion rund um Schönbrunn. Diese Vorgänge erinnern fatal an das, was sich jetzt abspielt. Herr Vizekanzler! Das liegt daran, daß diese Bundesregierung, auch die ÖVP, nicht wirklich ein Konzept hat. Es stimmt einfach nicht, daß in allen Fällen und grundsätzlich "Privat" besser ist als "Staat". Es stimmt zwar in vielen Bereichen, der Staat hat sich in vielen Bereichen als kein guter Unternehmer erwiesen. Das funktioniert überall dort, wo wir funktionierende Märkte haben. Es ist in der Tat nicht einzusehen, daß der Staat ein Reisebüro oder auch eine Bank betreiben soll.


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