Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 79

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Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dr. Krüger das Wort. Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 8 Minuten bekanntgegeben. Unabhängig davon müßte ich Sie um 15 Uhr unterbrechen, weil eine Dringliche Anfrage aufzurufen ist. – Bitte.

14.48

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere es, daß der Herr Minister, der uns ja in den letzten Tagen, wie wir aus den Medien erfahren durften, offenbar abhanden gekommen ist, nicht da ist; ich weiß nicht, ob er rechtzeitig verständigt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vergangenen Donnerstag fand eine Sitzung des Wissenschaftsausschusses statt, und als ich in meiner Funktion als Ausschußvorsitzender Herrn Minister Scholten begrüßen durfte, ahnte ich noch nicht – aber ich glaube, niemand von Ihnen, und ich nehme auch die Abgeordneten der SPÖ davon nicht aus –, ja ahnte niemand, daß dies die letzte Teilnahme von Minister Scholten am Wissenschaftsausschuß sein sollte.

Meine Damen und Herren! Das beherrschende Thema der vergangenen Tage und des Wochenendes war ja die Regierungsumbildung, die von sozialdemokratischer Seite sehr überraschend und rasch durchgeführt wurde. Nun, glaube ich, sollte man mit der Legendenbildung aufhören, daß das alles in größter Harmonie in der Sozialdemokratie über die Bühne gegangen sei.

Tatsächlich ist die Umbesetzung der Kanzlerfunktion doch nicht so harmonisch erfolgt, wie vielfach hier berichtet wurde. Denken Sie etwa daran, daß es nicht Minister Klima war, der in der vergangenen Sondersitzung das Ergebnis des sogenannten CA-Deals hier verkünden durfte, sondern Bundeskanzler Vranitzky ließ es sich nicht nehmen, dem Hohen Haus von diesem Deal zu berichten.

Darüber hinaus – das konnte man ja von Klubobmann Khol erfahren – hat Bundeskanzler Vranitzky für die kommende Woche bereits fixe Termine mit ausländischen Regierungsmitgliedern ausgemacht. Aber schlußendlich ist ein weiteres starkes Indiz für diesen Machtkampf innerhalb der SPÖ, daß Herr Bundeskanzler Vranitzky doch nicht so freiwillig so schnell gegangen ist, wohl die Tatsache des Telefonats zwischen dem ORF und Frau Christine Vranitzky. – Ich weiß nicht, wer es vergangenen Freitag, etwa um Mitternacht, gehört hat. Als Frau Christine Vranitzky befragt wurde, ob es tatsächlich stimme, daß der Bundeskanzler zurücktreten werde, sagte sie, das könne sie sich nicht vorstellen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß angesichts dieser Situation noch irgend jemand davon ausgeht, daß das alles harmonisch über die Bühne gegangen ist. Dieses Urteil mag zwar für die Wirkung nach außen durchaus in weiten Teilen zutreffen, aber tatsächlich war es anders.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Scholten ist leider nicht zugegen. Er hat offensichtlich seinen Rückzug aus der Politik sofort in die Tat umgesetzt, indem er heute hier nicht einmal mehr erscheint.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin weit davon entfernt, Minister Scholten bei seinem Abgang Rosen zu streuen. Ich will auch die Situation und Position des Ministers Scholten nicht verklären. Ich glaube, es wäre ein grober Akt der Unglaubwürdigkeit, wenn man jetzt, nur weil der Minister zurückgetreten ist beziehungsweise sein Rücktritt unmittelbar bevorsteht, seine Meinung oder seine Haltung, die man bisher eingenommen hat, plötzlich ändert.

In der Tat hat sich Herr Minister Scholten bei seiner Ressortführung schwerwiegender Versäumnisse schuldig gemacht. Ich denke etwa nur daran, daß er im Bereich der Telekommunikation nur sehr zögerlich vorgegangen ist. Die Berichterstattung in der Tagespresse und in der "WirtschaftsWoche" ist ja bekannt. Herr Rainer von der "WirtschaftsWoche" hat damals geschrieben, es sei ja geradezu gemeingefährlich, wenn ein für die Telekommunikation zuständiger Minister erklärt, daß man die Schnelllebigkeit in der Telekommunikation nicht mitmachen solle.


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