Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 171

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Satz in einer Menschenrechtserklärung gestanden ist, der bei uns in Vergessenheit geraten ist, nämlich in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, nämlich, daß alle Menschen ihrer Natur nach gleichermaßen frei sind! Wenn wir diesen Gedanken wieder stärker in die Rechtswirklichkeit bringen, dann werden wir kein Problem haben.

Ich meine, was Kollege Kostelka hinsichtlich des Bundesverfassungsgesetzes betreffend wirtschaftliche und soziale Rechte vorgetragen hat, hat leider eigentlich deklaratorischen Charakter. Es ist interessant, diese Themen zu diskutieren, dies kann aber nicht im Rahmen der Verfassung geschehen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung werden angezeigt.

21.40

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist für behinderte Menschen und für uns Grüne erfreulich, daß wir endlich spüren, daß im Sinne von behinderten Menschen etwas geschieht. Ich bin froh darüber, daß wir es nun schaffen, über Diskriminierung zu reden, und daß auch das Wort "Diskriminierung von behinderten Menschen" bereits ausgesprochen wird. Und ich freue mich noch mehr darüber, daß man empfindet, daß es wirklich an der Zeit ist, daß auch in Österreich eine Bestimmung in die Bundesverfassung aufgenommen wird, die die Diskriminierung behinderter Menschen in Zukunft verbietet.

Ich habe in meinen letzten Reden immer wieder auf schwerwiegende Diskriminierungen, die es in Österreich gibt, hingewiesen und habe das anhand einiger Beispiele aufgezeigt. – In den letzten Monaten sind mir unzählige Briefe von behinderten Menschen zugegangen, die mir über ihre Diskriminierung berichtet haben. Sie werden es wahrscheinlich nicht für möglich halten, aber Diskriminierungen gibt es in allen Bereichen des Lebens für behinderte Menschen! Das geht zum Beispiel bereits los, wenn heute eine Familie eine Bündelversicherung abschließen will, bei der natürlich auch das behinderte Kind mit versichert sein soll. Es darf nämlich für behinderte Menschen generell keine Risikoversicherung abgeschlossen werden! Eine Versicherung für behinderte Menschen ist nicht möglich! Behinderte Menschen werden vom Dachverband abgewiesen, weil sie ein zu großes Risiko darstellen. Deshalb gibt es für behinderte Menschen weder eine private Krankenversicherung noch eine Urlaubrückholversicherung, noch eine Unfallversicherung oder ähnliches. Das betrifft alle Versicherungsanstalten, die wir kennen. Auch eine Lebensversicherung kann von behinderten Menschen nicht abgeschlossen werden.

Aber nicht nur das Versicherungswesen weist große Mißstände im Bereich behinderter Menschen auf, sondern dies ist etwa auch im Ausbildungsbereich der Fall. Vorige Woche erhielt ich den Brief einer spastisch gelähmten Frau, die in einem Kindergarten arbeitet und eine Ausbildung zur Kindergärtnerin machen wollte. – Sie darf diese Ausbildung zur Kindergärtnerin jedoch nicht machen, weil sie aufgrund ihrer spastischen Lähmung nicht Gitarre und Flöte spielen kann! Sie ist zwar Solistin in einem Chor und kann natürlich auch entsprechend singen, aber sie darf trotzdem nicht Kindergärtnerin werden, sie kann nicht Gitarre spielen! – Das zeigt, daß in Österreichs Ausbildungsvorschriften und Bildungsvorschriften nicht davon ausgegangen wird, was jemand kann, sondern daß der Mensch Zeugnisse braucht, um in der Gesellschaft wirklich bestehen zu können.

Auch die Gewalt gegenüber behinderten Menschen hat sich in den letzten Jahren noch um einiges verschärft. Ich habe hier das Schreiben eines 19jährigen jungen Mannes, der mir mitteilt, daß er in der Straßenbahn angespuckt und von Menschen bedrängt worden ist, sein Geld herzugeben. 20 S hat er hergegeben, denn mehr hat er nicht bei sich gehabt. Als er sich beim Schaffner beschwerte und ihm erzählte, was in der Straßenbahn passiert war, hat dieser zu ihm gesagt: Sei froh, daß die jetzt ausgestiegen sind. Ich hätte dir nicht helfen können. – Auf die Frage, ob denn der junge Mann Zeugen für diesen Vorfall habe, hat er gesagt, daß man es zwar gesehen habe, daß sich die Leute dann aber, als es ernst geworden ist, umgedreht haben und deshalb auch nicht als Zeugen für ihn aussagen würden. Er schreibt: Ich habe mir überlegt, ob


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