Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 116

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Das war einmal der Beginn. Danach war er von einer sehr interessanten Entscheidungsschwäche, was die Sicherheitspolitik anlangt, gekennzeichnet. Er hat immer gesagt: Wir sind natürlich noch neutral. Wir sind zwar ohne Wenn und Aber in die Europäischen Union gegangen, haben ohne Wenn und Aber das Bekenntnis zu Maastricht und damit zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik abgelegt, sind aber trotzdem neutral. Das heißt, wir werden die Entwicklung beobachten und danach entscheiden. Er sagte das, wissend, daß das selbstverständlich nicht möglich ist und daß wir mit dem Beitritt zur Europäischen Union die Neutralität de facto bereits aufgegeben haben.

Auf der anderen Seite hat er es blendend verstanden, die Verpflichtungen, die etwa bei einer Bündnismitgliedschaft auf Österreich zukommen würden, schön langsam mit zu tragen, auch was die Kosten anlangt. Aber die Rechte, die für uns wichtig wären, nämlich mit allen Möglichkeiten eines Vollmitglieds am Aufbau einer neuen Sicherheitsstruktur mitzuarbeiten, hat er den Österreichern nicht gegeben.

Wir haben heute darauf gewartet, was sein Nachfolger, der angeblich so dynamische ehemalige Finanzminister Klima, hiezu vorbringen wird, ob er neue Linien aufzeigen wird. Aber allein die Rede hat gezeigt, daß es mit der Dynamik sehr schnell vorbei war. In der Regierungserklärung hat man ja wieder die alten Platitüden gehört. Er hat sich zu einer umfassenden Sicherheitspolitik bekannt und damit den Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und den Kampf gegen Bandenkriminalität gemeint. Er hat dann noch gesagt, Österreich werde am Aufbau einer europäischen Sicherheitsstruktur mitarbeiten, aber solange die Ziele noch nicht erreicht sind – so wörtlich –, sei es nicht sehr sinnvoll, daß Österreich irgendwelche Spielräume aufgibt.

Meine Damen und Herren! Was heißt denn das: Einerseits wollen wir am Aufbau mitarbeiten, auf der anderen Seite wollen wir abwarten, bis die Ziele erreicht sind? Das heißt, wir warten also ab, bis die internationale Staatengemeinschaft beschlossen hat, wie es in der Sicherheitspolitik weitergeht, wir warten ab, was Staaten wie Slowenien, Polen, Ungarn und die Tschechei betreffend unsere Sicherheitspolitik dann entscheiden werden. Denn diese werden ab nächstem Jahr mit der NATO in Beitrittsverhandlungen eintreten, während wir noch warten, und wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, schauen, wie die Ziele aussehen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bundeskanzler weiß aber dabei ganz genau – das wird ihm ja hoffentlich der Außenminister geflüstert haben, denn sie haben ja dauernd getuschelt während der Debatte –, daß die Ziele in der europäischen Sicherheitspolitik längst abgesteckt sind. Sie sind längst abgesteckt in die Richtung, daß die Europäische Union letztlich feststellen muß, daß sie gar nicht in der Lage ist, in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik echte Fortschritte zu erzielen. Das wäre auch gar nicht sinnvoll, weil es ja funktionierende Strukturen gibt, und es ist klar festgelegt worden – das weiß man nicht erst seit gestern oder vorgestern, sondern schon seit langer Zeit –, daß einzig und allein die NATO, vielleicht einmal gemeinsam mit der Westeuropäischen Union, eine tragfähige europäische Sicherheitsstruktur in Europa wird aufbauen können.

Jetzt geht es darum, welche Rolle Österreich in diesem internationalen Konzert spielt. Stehen wir weiter abseits, sagen wir, wir werden beobachten, wir werden warten, was andere dann über uns entscheiden, oder treffen wir endlich die offene und klare Entscheidung: Ja, wir wollen teilnehmen!? Wir haben einmal eine wichtige Brückenfunktion zwischen Ost und West wahrgenommen. Diese ist uns längst unter Vranitzky, unter Schüssel, unter Fasslabend abhanden gekommen. Wir würden uns erwarten, daß jetzt einmal klare Richtlinien festgelegt werden und gesagt wird: Ja, Österreich hat da eine Verantwortung, hat da auch etwas einzubringen, und wir gehen mit allen Rechten und Pflichten in diese Strukturen hinein und helfen mit, eine dauerhafte Friedensordnung in Europa aufzubauen. – Das ist, wie wir gemerkt haben, nicht der Fall. Diese Regierung wird sich weiter darüber hinwegschwindeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Klubobmann Khol ist ja so weit gegangen, daß er gesagt hat: Man muß zwischen den Zeilen lesen! Das könne ja nur heißen, daß nächstes Jahr oder noch heuer diese Entscheidungen zu treffen sein werden. – Aber nichts kann man zwischen den Zeilen lesen. Ich glaube, diese Unverbindlichkeit war eindeutig.


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