Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 88

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wir haben die Transferleistungsfrage nicht geklärt. Die Sozialquote im Budget ist auf über 30 Prozent angestiegen, die Investitionen der öffentlichen Hand sind in den letzten Jahren hingegen laufend gesunken. Für das, wofür wir Schulden machen dürften, weil wir sagen könnten, das müssen mehrere Generationen finanzieren – etwa den Ausbau der Bahn, den Ausbau von Straßen, von Kanalisationen, von Infrastruktur, von Datenhighways –, haben wir leider immer weniger Geld, wir haben diese Sachen sogar über die Postfinanzierung in Form von Schulden ausgegliedert. Allein die Post und die Österreichischen Bundesbahnen haben 383 Milliarden Schulden, für die letztlich in allen Ausgliederungen oder Haftungen der Bund geradestehen muß.

Meine Damen und Herren! Die Ausgabendynamik wurde nicht gebrochen, die Sparpakete I und II waren stark einnahmendynamisch, die Prozentsätze sind umverkehrt. Es hat geheißen, die 100 Milliarden werden zu zwei Drittel durch Ausgabenkürzungen eingespart, also zu einem Drittel werden die Einnahmen erhöht und zu zwei Drittel die Ausgaben gesenkt. Es war umgekehrt, wie wir jetzt im nachhinein sehen können: Es sind zwei Drittel neue Einnahmen und nur ein Drittel Einsparungen bei den Ausgaben gewesen.

Die Ausgabendynamik ist aber für die Zukunft nicht gebrochen! Da liegen doch die Probleme! Wenn Sie das fortschreiben, was Sie den Menschen dieses Landes versprochen haben, dann kommen Sie in eine völlige Unfinanzierbarkeit! Sie haben jede Form des Keynesschen Spielraumes verloren. Die nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik nach Keynes funktioniert auf zwei Arten: Die eine ist, daß man dann Schulden macht, wenn es der Wirtschaft schlechtgeht, um sie anzukurbeln und Nachfrage zu erzeugen, wie es Kollege Dolinschek richtig eingeworfen hat. Aber der zweite Satz von Keynes wird immer vergessen: nämlich in guten Zeiten diese Schulden zurückzuführen, um neue Spielräume zu gewinnen.

Sie brauchen sich nur die Trends anzuschauen, die sich in dieser Republik abzeichnen. Ich finde es nicht richtig, einfach darüber hinwegzugehen, so nach dem Motto: Die anderen machen es ja auch.

Die Flucht in den Euro ist der einzig richtige Weg, der der Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik geblieben ist. Mit sehr schlechten Wirtschaftsdaten – wir liegen mit unserem Wirtschaftswachstum an der letzten Stelle in der Europäischen Union – läuft dieses Land mit fliegenden Fahnen in den Euro. Es bleibt uns auch gar nichts anderes übrig, als diesen Schritt zu setzen. Aber was kommt danach? – Wir haben dasselbe Problem dann im Hartwährungsraum des Euro mit einer europäischen Wirtschafts- und dann gezwungenermaßen auch Finanz-, Umwelt- und Sozialpolitik.

Was uns in Europa allen gemeinsam bleibt – aber zu diskutieren haben wir hier das Schicksal Österreichs –, ist der Fluch der Zinsen. Allein die Mehrverschuldung, die wir von 1992 bis 1996 aufgehäuft haben – inklusive dem Bundesrechnungsabschluß 1996 –, macht nicht ganz 500 Milliarden Schilling aus. Wenn Sie jetzt zwischen 4 und 6 Prozent Zinsen dafür zahlen – ich hoffe, Sie zahlen nur 4 Prozent, Herr Bundesfinanzminister –, dann sind das 20 Milliarden Schilling, sogar bis zu 30 Milliarden, wenn Sie 6 Prozent zahlen, zusätzliche Zinsen, die Ihnen jedes Jahr bei der Bedeckung der Ausgaben in diesem Land fehlen.

Eigentlich ist Ihr Mut zu bewundern, und es ist Ihnen zu gratulieren, daß Sie diese Frage angehen. So, meine ich, sollten wir einen Rechnungsabschluß diskutieren: Es sollte uns wirklich bewußt sein, was dieses Hohe Haus seit 1970 getan hat, welche Fraktionen, welche Persönlichkeiten, welche Namen, welche Frauen, welche Männer immer zugestimmt haben: von 47 Milliarden Schilling Schulden 1970 bis auf 1 700, 1 800 Milliarden Schilling Schulden – wie immer Sie es rechnen – heute. Wir verbauen uns unsere eigene Zukunft! (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Müller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.26

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Geschätzte Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Bundesvoranschlag – das ist heute schon mehrere Male gesagt worden


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite