Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 76

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Volksgruppen leben – vom Kindergarten bis zur Matura. Dabei ist auch die Forderung nach der Ausbildung des Erziehungspersonals ganz wesentlich, denn einen zweisprachigen Unterricht ohne zweisprachige Lehrer kann es nicht geben; zweisprachige Kindergärten ohne zweisprachige Kindergärtnerinnen natürlich auch nicht.

Der dritte Punkt ist die Neuordnung der Volksgruppenbeiräte. Hier gab es schon einmal eine Initiative von Dr. Khol und Dr. Kostelka, und zwar im Jahre 1995. Bis heute ist sie auf der Gesetzesebene nicht weiterentwickelt. Darin sind Dinge enthalten – das habe ich auch schon mehrfach gesagt –, die meine und die Zustimmung der Grünen insgesamt absolut finden. Es ist aber nur ein Punkt in dieser Initiative enthalten gewesen; die anderen Teile, die für eine Novellierung des Volksgruppengesetzes unabdingbar notwendig sind, fehlen.

Der vierte Punkt ist der Ausbau beziehungsweise in manchen Bereichen erst die Schaffung eines zweisprachigen oder mehrsprachigen Medienangebotes, sowohl im audiovisuellen Bereich als auch im Printbereich. Da geht es um die Unterstützung privater Medien auf der einen Seite und natürlich – und das ist ganz wesentlich, und daran werden die Minderheiten immer festhalten – auch um den Ausbau des öffentlich-rechtlichen Angebotes. Es ist für mich im Zuge der Diskussion um die Privatisierung im Radio- und Fernsehbereich wesentlich, festzustellen, daß man die privaten Betreiber hier nicht aus der Pflicht nehmen kann. Denn festzuschreiben, daß der ORF im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrages zweisprachiges Fernsehprogramm zu machen hat – das ist noch nirgends festgeschrieben, das ist sozusagen eine freiwillige Leistung des ORF –, den ORF dazu zu verpflichten, zweisprachiges Minderheiten- und damit nicht quotenträchtiges Programm zu senden, den privaten Radio- und in Zukunft vielleicht auch Fernsehbetreibern diese Auflage aber nicht zu geben, ist eine absolute Wettbewerbsverzerrung.

Ich bedauere es, daß es nicht gelungen ist, in das Regionalradiogesetz eine Bestimmung aufzunehmen, die auch private Radiobetreiber verpflichtet, die sprachliche Vielfalt in den Regionen, in denen sie Radio betreiben, zu unterstützen, indem sie auch anderssprachiges – slowenisches, kroatisches, ungarisches – Programm anbieten.

Der fünfte Punkt ist die Umsetzung der Zweisprachigkeit im Bereich der Verwaltung und Topographie – Stichwort: 25-Prozent-Klausel. Wir haben uns massiv gewehrt, als es in der Slowakei Prozentklauseln für die ungarische Minderheit gegeben hat. Und Sie wissen, das slowakische System ist jenseits aller europäischen Minderheitenschutzvorstellungen. Wir Österreicher haben damals massiv Protest eingelegt, aber im eigenen Land haben wir 25-Prozent-Klauseln, die heute absolut nicht mehr zeitgerecht sind.

Der letzte Punkt ist einer, der heute auf gesetzlicher Ebene noch keineswegs berührt ist, nämlich konsequente Strukturverbesserungs- und Wirtschaftsförderungsmaßnahmen mit besonderer Berücksichtigung von eigenständiger Regionalentwicklung in zweisprachigen Gebieten.

Die Minderheiten in Österreich leben ja nicht in der Mitte Österreichs, jetzt im übertragenen Sinn gesprochen, sondern immer in den peripheren und damit ärmsten Gegenden, in Südkärnten, im Südburgenland und in der Südsteiermark. Es ist die einhellige Meinung aller Volksgruppenorganisationen, daß es auf dem Gebiet der Wirtschaftsförderung und der Strukturmaßnahmen spezifischer Möglichkeiten bedarf, die darauf Rücksicht nehmen.

Ein allerletzter Punkt – dieser hat gar nichts mit einer Gesetzesnovellierung und mit einer Staatszielbestimmung zu tun –, den ich ansprechen möchte, betrifft die leidige Causa der steirischen Slowenen. Ich bin jetzt sieben Jahre im Nationalrat, und es wird seit meinem Eintritt in den Nationalrat immer wieder beteuert, daß man die steirischen Slowenen ohnehin sehr schätzt und sie auch als Minderheit und Volksgruppe anerkennt. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wie viele gibt es denn?) Aber noch immer wehrt sich die steirische Landesregierung und als Verantwortliche die steirische Landeshauptfrau dagegen, den steirischen Slowenen, die ausdrücklich im Artikel 7 des Staatsvertrages von Wien, der Magna Charta des Minderheitenschutzes in Österreich, erwähnt sind, die entsprechenden Möglichkeiten zu gewähren. Das wird, so meine ich, schön langsam zu einer Groteske, zumal die Forderung nach Vertretung dieser


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