Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 99

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Gewerbeordnung aus den Jahren um 1850 nachliest, sondern in der jetzigen Gewerbeordnung im § 5 Abs. 3, so kann man dort lesen, daß alle Berufe, die nicht zu diesen 84 geregelten zählen, in Hinkunft freie Berufe sind. Da frage ich mich: Wenn das kein Signal ist!

Wenn wir darüber hinaus das Gewerberegister verpflichten, einmal im Jahr die anderen Berufe zu publizieren und damit Jugend und Mitbewerber, Wettbewerber, Unternehmer darauf aufmerksam zu machen, welche Möglichkeiten sich in der österreichischen Marktwirtschaft in diesem Bereich von Dienstleistungen, Handwerk und anderen Gewerben bieten, dann kann man sagen: Das ist sicher ein Fortschritt! (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt feststellen, meine Damen und Herren, und zwar einen der entscheidenden Punkte bei den vielen Interventionen, die auch ich erfahren habe. Ich habe die meisten meiner Intervenienten mit den Worten begrüßt: Sagen Sie mir nicht, was Sie dem anderen nicht gönnen, sondern sagen Sie mir, was Sie mehr an Gewerbeumfang brauchen, um im Wettbewerb bestehen zu können! Das Empowerment ist sicher einer der wichtigsten Punkte, die wir heute bei den verbleibenden geregelten Berufen anstreben müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer, ebenfalls sehr wichtiger Punkt, meine Damen und Herren: Wir haben mit der Diskussion um die Gewerbeordnung, vor allem aber auch mit der Diskussion um das Anlagenrecht eine geradezu dramatische Veränderung des Verhaltens vieler Behörden herbeigeführt. Ich weiß nicht, woher viele der heutigen Redner ihre Erfahrung beziehen. Ich war in den letzten Wochen mit den meisten Bezirkshauptmannschaften in Kontakt, habe eine große Anzahl von Unternehmern befragt oder mit Unternehmern gesprochen, die mich besucht haben. Es ist, seit wir das neue Anlagenrecht diskutieren, die Erledigungsfreudigkeit in den Behörden dramatisch gestiegen. Wir haben eine Verbesserung der Dienstleistungsmentalität quer durch das Land erreicht. Daher ist es wichtig, daß dieses Anlagenrecht schlußendlich auch in Kraft tritt.

Eines kann ich noch dazusagen: Durch viele Verordnungsermächtigungen, vor allem aber auch durch die politische Verantwortung für den Novellenteil – sowohl im Antrittsrecht als auch im Anlagenrecht – werden wir in den nächsten Monaten sehr viel zu arbeiten haben, um die Dynamik des Prozesses nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern zu verstärken.

Meine Damen und Herren! Ich bin zu dem Bereich der Teilgewerbe viel befragt worden. Bei den Teilgewerben gibt es eine unglaubliche mentale Widerstandsfront bei den bestehenden Betrieben, mehr als bei allen Dingen, die an dem neuen System kritisiert werden. Ich habe bereits einen Entwurf mit 33 Teilgewerben zur internen Diskussion gestellt. Ergebnis: Die Zustimmung zu sechs Teilgewerben ist gekommen. Warum? – Meine Schlußfolgerung daraus: Auch im Bereich der geregelten Gewerbe verstärkt sich, wie insgesamt, der Wettbewerb um Kunden. Es gibt zweitens dank des hervorragenden Ausbildungssystems immer mehr Befähigte in Österreich, die den Weg in die Selbständigkeit gehen können. Weil unter den Prämissen: Aufnahmesperre in weiten Bereichen des öffentlichen Dienstes, keine große Aufnahme im Bereich der Industrie ein geradezu dramatischer Druck, in die Selbständigkeit, in den Bereich von Dienstleistungen und Handwerksgewerben auszuweichen, besteht, wird der Wettbewerb mit allen Preiseffekten weiter zunehmen.

Hohes Haus! Einige Worte auch zu dem Streit zwischen Landwirtschaft und Gewerbe. Eines müssen wir uns, glaube ich, in Erinnerung rufen: Dieser Streit hat die Auseinandersetzungen um die Gewerbeordnung seit den fünfziger Jahren jedesmal durch große Krisenerscheinungen geprägt. Ich habe mich auf die Seite von Nebenrechten auch in der Landwirtschaft gestellt, allerdings unter der Prämisse, daß es auf Dauer in einem Rechtsstaat nicht davon, wieviel an Grund und Boden jemand ererbt oder erheiratet hat, abhängen kann, welche Befähigung und Rechte er im Industrie- und Gewerbebereich hat. Daher ist die jetzige Lösung, die die Nebenrechte erweitert, die für neue Berechtigungsbereiche deutliche Abgrenzungen schafft, ein Schritt in die richtige Richtung, weil wir nicht wissen, wohin die Entwicklung in diesem Bereich schlußendlich geht.


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