Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 187

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Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe diese Berufsausbildungsgesetz-Novelle 1997 an die Personalabteilung eines großen Konzerns gegeben und den Personalchef, der sehr viele Lehrlinge ausbildet, gebeten, mir zu sagen, was er davon hält. Das werde ich Ihnen jetzt vorlesen:

"Die angeführten Veränderungsvorschläge im Berufsausbildungsgesetz reagieren meines Erachtens kaum oder nur zu geringem Teil auf die im Vorblatt erarbeitete Problemstellung. Die in den Problemen angegebenen sechs Punkte werden nur im äußerst geringen Teil in der angesprochenen Gesetzesvorlage bearbeitet. Mit den Überlegungen wird weder der Rückzug der österreichischen Betriebe aus der Lehrlingsausbildung gestoppt, noch werden neuartige Anreize für österreichische Betriebe, die Lehrlingsausbildung aufzunehmen und fortzusetzen, initiiert.

Auch scheint mir die übermäßige Bürokratie bei Einzelfallentscheidungen nicht geregelt. Ob sich das Verfahren zur Festlegung des Ordnungsrahmens für neue oder geänderte Lehrberufe reduziert, kann man aus der vorliegenden Unterlage nicht erkennen. Das unter Punkt 5 bei den Problemen angeführte Fehlen von Förderinstrumenten für Lehrlinge, Lehrabsolventen oder Ausbilder fehlt noch immer. Somit glaube ich" – so schließt der Brief –, "daß es wieder geschafft wurde, ein Gesetz zu verändern, ohne es wirklich zu ändern."

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Diese Novelle zum Berufsausbildungsgesetz schadet sicherlich nicht. Sie bringt ohne Zweifel da und dort punktuelle Verbesserungen. Sie wird aber das Problem nicht annähernd lösen, vor dem wir betroffen stehen, nämlich das Problem, daß junge Menschen keine Lehrstelle mehr finden.

In der Österreichischen Volkspartei gibt es eine Vielzahl von klugen und gescheiten Menschen. Drei davon befinden sich noch in der aktiven Politik, nämlich der ehemalige Bundesminister Dr. Ditz, Herr Landesrat Dipl.-Ing. Paierl, Wirtschaftslandesrat in der Steiermark, und Herr Ing. Mag. Peter Hochegger, Landtagsabgeordneter in der Steiermark. Diese haben im April 1996 – vor einem Jahr! – in einer Pressekonferenz gesagt, welche Maßnahmen notwendig wären, um die Lehrlingsausbildung wirklich attraktiver zu machen. Sie haben in zehn Punkten – ich zähle sie nur ganz kurz auf – gesagt: Die Berufsschulzeit ist kostenmäßig vom Ausbildungsbetrieb zu trennen, Freigegenstände in der Schule dürfen nicht im Ausbildungsbetrieb abgegolten werden, die Probezeit ist von zwei Monaten auf drei Monate zu verlängern, die Behaltepflicht in der Lehre ist auf drei Monate zu verkürzen, die Aufwendungen für die Lehrlingsentschädigung sind von der Kommunalsteuer auszunehmen, die Obergrenze bei der Jugendlichenbeschäftigung muß auf 18 Jahre gesenkt werden, die wöchentliche Arbeitszeit muß eine Durchrechnungszeit haben, die Wochenruhe muß gestaltet werden, Abendruhe in der Gastronomie erst ab 23 Uhr, die Pausenregelungen müssen jenen der Erwachsenen angeglichen werden.

Meine Damen und Herren! Sie haben davon eine Reihe von Dingen erledigt, und die Bundesregierung hat eine ganze Reihe von Maßnahmen im Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz und im Berufsausbildungsgesetz verbessert. Dazu mein Kompliment und vielen Dank! Es muß jedoch folgendes bedacht werden: Das sind punktuelle Verbesserungen, mit welchen das Problem noch nicht gelöst wird! Warum können wir nicht gemeinsam einmal darüber diskutieren, daß wir diese wirklich so wichtige duale Ausbildung auf neue Beine stellen? Ich orte immer wieder, wenn ich die Auszeichnung habe, Ihnen gemeinsam mit Kollegin Schaffenrath dieses Modell vorzuschlagen, Zustimmung. Warum reden wir nicht darüber? Trennen wir doch wirklich die Berufsschulzeit von der Ausbildungszeit in den Betrieben! Stellen wir doch wirklich die Lehre als eine völlig selbständige Säule in das duale Ausbildungssystem!

Höchtl hat heute gesagt, Durchlässigkeit sei ein Ziel: Dem stimme ich zu! Brauneder hat ebenfalls in einer Presseaussendung gesagt, daß Durchlässigkeit ein Ziel ist. Wir alle sind dieser Meinung! In Anbetracht dessen frage ich Sie: Wie können wir die Durchlässigkeit noch besser gestalten als durch die Lehre als dritte Säule in der sekundären Bildungsstufe?


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