Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 148

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die Devise künftig weiterhin lauten soll: Mehr Überwachungsstaat und weniger bürgerlicher Rechtsstaat!, wenn die Aushöhlung fundamentaler Grundprinzipien unseres Rechtsstaates, die mit der Telefonabhörung begonnen hat, mit dem, was heute zum Beschluß vorliegt, seine Fortsetzung findet – ja dann schaut es um die Grundrechte in Österreich wirklich schlecht aus! (Beifall bei den Grünen.)

Heute habe ich in einem Kommentar von Samo Kobenter in der Zeitung "Der Standard" einen Satz gelesen, der in journalistischer Sprache für mich das auf den Punkt bringt, wie sich die Situation für Bürger und Bürgerinnen in Österreich heute tatsächlich darstellt. Er schreibt nämlich, daß diese Maßnahmen zu einer Verschlechterung der demokratischen Lebensqualität in diesem Land führen werden. Verschlechterung der demokratischen Lebensqualität! – Ich meine, daß diese Worte treffend beschreiben, was sich hier jetzt abspielt.

Aufgeklärtes Bürgertum. – Wo, so frage ich mich, gibt es das in diesem Land? Der strukturelle Mangel in der Diskussion und in diesem ganzen Procedere liegt darin, daß die Tatsache der Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Bedarf an diesen Mitteln, nämlich an diesen besonderen Ermittlungsmethoden, und dem Effekt, den sie uns bringen, völlig aus der Diskussion ausgespart wurde. Dieser ganze Komplex wurde nicht angesprochen, und bis heute konnte uns weder das Innenministerium, geschweige denn das Justizministerium in Gestalt des Herrn Justizministers, der ja zweifelsfrei nicht zu jenen gehört hat, die mit besonderer Überzeugung für diese Mittel gekämpft haben, eine Antwort darauf geben. Diese Antworten sind uns alle schuldig geblieben. Ebenso wie die Antwort auf die Frage nach den Kosten.

Ich meine, wenn es tatsächlich darum geht, zu beachten, daß das Sicherheitsgefühl und das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung im Mittelpunkt stehen, dann sollten wir uns darüber Gedanken machen, ob es nicht ein erfolgreicherer, ein sicherlich viel erfolgreicherer Weg der Verbrechensbekämpfung und Verbrechensaufklärung wäre, mit der massiven Unterstützung der Bevölkerung zu rechnen – und damit darf man rechnen –, aber nicht auf die Methode der Vernaderung und der Bespitzelung zu setzen, wie dies Lauschangriff und Rasterfahnung –Lauschangriff in erster Linie – ganz logisch mit sich bringen.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die Auswirkungen, die Samo Kobenter als Verschlechterung der demokratischen Lebensqualität in diesem Land beschreibt. Und davor habe ich Angst. (Beifall bei den Grünen.)

Ich als Bürgerin bin besorgt um diese offene Atmosphäre, die es in jedem Rechtsstaat geben sollte, ich bin besorgt um offene Räume, in denen man ohne Angst vor staatlichem Mithören und vor staatlicher Beeinflussung die Voraussetzungen hat, um sozusagen lebendige Demokratie auch leben zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu einem Rechtsstaat gehört auch – es ist ganz wesentlich, das festzustellen, und das möchte ich mit Nachdruck betonen –, daß sich gesetzestreue Bürger den Staat auf Distanz halten können. Das ist etwas, was für mich gelebte Demokratie und offene Demokratie darstellt, und das läuft Gefahr, gänzlich aufgegeben zu werden und verlorenzugehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was Frau Dr. Fekter, aber auch Herr Dr. Fuhrmann als Koalitionsredner vorhin gesagt haben, die immer wieder mit dem Beispiel USA gekommen sind, und zwar auch im Hinblick auf das Hearing, das im Justizausschuß stattgefunden hat und bei dem ein hochrangiger Vertreter des FBI dabeigewesen ist, halte ich für ein für Österreich geradezu gefährliches Moment, denn sie sagen immer wieder, daß die hierarchischen Strukturen der organisierten Kriminalität – und so steht es auch in den Berichten drinnen – durch diese besonderen Ermittlungsmethoden zerschlagen werden sollten und beziehen sich dabei, wie gesagt, immer auf die USA.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, dort gibt es das schon seit Jahrzehnten! Ich habe aber in den letzten Jahren nicht gehört, daß in den USA die Kriminalitätsrate in irgendeinem Bereich wesentlich zurückgegangen wäre, ich habe vor allem nicht gehört, daß irgend jemand je behauptet hätte – und schon gar nicht der Vertreter des FBI –, daß es in den USA keine Mafia


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