Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 151

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Meine Damen und Herren! Das Ergebnis, das Ihnen in Form eines umfassenden Abänderungsantrages vorliegt, spiegelt das Ringen um ausgewogene und zugleich innovative Lösungen wider. Wie immer jeder einzelne sich im grundsätzlichen entscheidet, eines kann ich Ihnen versichern: Die gefundenen Lösungen, insbesondere die eng definierten Zulässigkeitsvoraussetzungen, die verfahrensrechtlichen Absicherungen, die eine gegenseitige Kontrolle von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht sowie eine begleitende Prüfung durch den Rechtsschutzbeauftragten gewährleisten, und auch die mehrstufigen Vorkehrungen gegen jeden denkbaren Mißbrauch bilden ein rechtsstaatliches Netzwerk höchsten Grades. Dabei wurde da und dort in bemerkenswerter Weise Neuland beschritten, etwa, als markanteste Beispiele, bei der Schaffung des unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten als neue Verfahrenspartei oder bei der Erweiterung des Beweisverbotes auf zivilgerichtliche und Verwaltungsverfahren.

Wir haben auch, um jeder mißbräuchlichen Zweckentfremdung sensibler Überwachungsergebnisse entgegenzusteuern, neuartige Geheimnisschutzmaßnahmen sowohl im Bereiche der Sicherheits- als auch der Justizbehörden vorgesehen. Es trifft also nicht zu, daß wir die Verantwortung für unzulässige Veröffentlichungen in diesem Zusammenhang auf die Medien abgeschoben haben. Das strafbewährte Veröffentlichungsverbot und der medienrechtliche Ersatzanspruch stellen vielmehr bloß flankierende Maßnahmen dar. Wenn wir aber den Schutz der Privatsphäre und den Grundsatz des fairen Verfahrens im Zusammenhang mit so tiefgreifenden Grundrechtseingriffen ernst nehmen, können wir uns gerade in diesem Bereich keine unzulässigen Veröffentlichungen in den Medien leisten. Das sind wir allen Betroffenen, den Unbeteiligten wie den Tatverdächtigen, schuldig. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Mit einer Beschlußfassung am heutigen Tage findet die Diskussion, wenngleich nicht zum rechtspolitischen Komplex der neuen Ermittlungsmethoden insgesamt, aber doch zu deren legislativer Gestaltung ihren vorläufigen Abschluß. Damit treten wir in eine neue Phase ein. Ab heute steht nicht mehr die Zuspitzung im Grundsätzlichen im Vordergrund, sondern die praktische Umsetzung und deren kritische Beobachtung. Im Hinblick auf die nur befristete Inkraftsetzung der besonderen Ermittlungsmaßnahmen gewinnt die sachliche Auseinandersetzung damit eine neue Ebene: die der Bewertung der praktischen Anwendung. Das ist auch eine Chance, trotz auseinandergehender Grundeinstellungen wieder mehr gemeinsamen Boden zu gewinnen.

Das Bundesministerium für Justiz wird seinen Beitrag zu dieser Anstrengung leisten. Wir werden dabei, wie bisher, mit dem Bundesministerium für Inneres zusammenarbeiten. Diese Kooperation zwischen Innen- und Justizressort ist, wie ich bei dieser Gelegenheit gerne feststellen möchte, eine sachliche und fruchtbringende, auch wenn wir nicht in allen Fragen von vornherein völlig übereinstimmen und unterschiedliche Akzente setzen.

Der konstruktive Geist dieser Kooperation ist aber auch ein gutes Omen für die vor uns liegende gemeinsame Aufgabe einer durchgreifenden Neugestaltung des strafprozessualen Vorverfahrens. Es ist dies ein Vorhaben, das wir nun, nach Abschluß der vorgezogenen, zeit- und kraftraubenden Regelung der neuen Ermittlungsmethoden sowie nach der unter einem veranlaßten Versendung eines Begutachtungsentwurfes über den außergerichtlichen Tatausgleich und andere Formen der Diversion, mit Nachdruck vorantreiben werden.

Ich hoffe, daß es möglich sein wird, um die Jahreswende mit einem Entwurf an die Öffentlichkeit zu treten und die Arbeiten noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen, geht es dabei doch vor allem darum, ein seit Jahrzehnten bestehendes Defizit der geltenden Strafprozeßordnung auszugleichen und zeitgemäße Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege zu schaffen. Effiziente kriminalpolizeiliche Arbeit soll unter rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen ermöglicht werden, die eine Wahrung der Verteidigerrechte und einen angemessenen Rechtsschutz einschließen. Gerade der Einsatz neuer Ermittlungsmethoden macht die rechtsstaatliche Dringlichkeit dieses großen Vorhabens deutlich. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.17


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