Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 68

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Wirtschaftspolitik in Europa, die den Menschen, seine aktive Teilnahme an der Gemeinschaft und faire Wettbewerbsbedingungen in den Mittelpunkt stellt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Denn Arbeitslosigkeit ist nicht nur, wie viele meinen, ein soziales, sondern auch ein immens wirtschaftspolitisches Problem.

Wenn wir daher für den heimischen Kapitalmarkt Reformen vorsehen, so wollen wir erreichen, daß unserer Wirtschaft bei der Aufbringung von Eigenkapital geholfen wird. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für Investitionen und somit für Wachstum und Beschäftigung in Österreich. Weiters sehen wir die Umwandlung der Börse in eine Aktiengesellschaft und einen verbesserten Schutz von Minderheitsaktionären bei Übernahmen vor.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Möglichkeiten der nationalen Wirtschaftspolitik in einer im internationalen Wettbewerb stehenden Volkswirtschaft sind – wie viele praktische Beispiele zeigen – zunehmend begrenzt, aber immer noch entscheidend. Die Chancen zu mehr Mitgestaltung müssen wir daher wahrnehmen.

Nicht veralteten, unerfüllbaren Illusionen einer geschlossenen, national steuerbaren Volkswirtschaft nacheilen, sondern verstärkt auf gemeinsamer, internationaler, insbesondere europäischer Ebene etwas bewirken – das ist das moderne Rezept, um für unser Land eine gute Position im globalen Wettbewerb zu erreichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Die europäische Integration schreitet zügig voran und wird in der Wirtschafts- und Währungsunion einen bedeutenden Höhepunkt finden. Sich von dieser Entwicklung auszuschließen wäre von Nachteil für unser Land. Die WWU wird aber auch geänderte wirtschaftliche, fiskalische und währungspolitische Herausforderungen bringen.

Die verstärkte Globalisierung der Wirtschaft schuf den europäischen Volkswirtschaften eine Vielzahl von Konkurrenten, und zwar auf Gebieten, welche früher den höchst entwickelten Ländern vorbehalten waren. Die Globalisierung bietet aber auf der anderen Seite wieder große Chancen – Chancen, die wir wahrzunehmen haben. Eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Standortpolitik kann stärker und damit erfolgreicher sein als die Bemühungen einzelner kleiner europäischer Länder.

Die Ostöffnung brachte für die Länder Mitteleuropas – ich zähle dazu im besonderen Maße Deutschland und Österreich – neue Märkte und Expansionsmöglichkeiten sowie demokratische und stabile politische Verhältnisse in unmittelbarer Nachbarschaft. Aber sie hat uns auch Konkurrenten direkt vor die Haustür gesetzt. Diese produzieren heute noch zu Lohnkosten, die weit unter den westeuropäischen liegen. Die Heranführung dieser Länder an westeuropäische Standards kann daher vielfache positive wirtschafts- und gesellschaftspolitische Aufgaben, Aspekte und Effekte haben und ist daher eine politische Aufgabe des gesamten sonstigen Europas. Das ist ein Projekt europäischer Dimension.

Meine Damen und Herren! Die Spielregeln der Marktwirtschaft, die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, müssen also den Mittelpunkt gemeinsamer wirtschaftspolitischer Anliegen in Europa bilden. Und für uns ist dabei eines klar: daß es sich dabei nur um eine soziale Marktwirtschaft handeln kann. Wettbewerbsvorteile als Ergebnis von Sozial-, Steuer- oder Umweltdumping wollen wir daher im Interesse einer fairen Marktwirtschaft nicht.

Für die Bundesregierung ist daher klar: Europa und auch Österreich brauchen die Wirtschafts- und Währungsunion. Europa muß neben den USA und Ostasien eines der drei großen Wirtschaftszentren der nächsten Jahrzehnte sein.

Die Wirtschafts- und Währungsunion ist notwendig. Sie muß rasch und pünktlich kommen, und Österreich muß ihr von Anfang an angehören. Nur eine Wirtschafts- und Währungsunion kann dauerhaft die Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber anderen Wirtschaftsräumen sichern.

Die rasche Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion ist auch deshalb notwendig, weil die gegenwärtige Phase der Europäischen Integration ökonomisch instabil sein könnte.


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