Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 163

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Ich habe das im Ausschuß auch schon thematisiert, und dort wurden mir technische Schwierigkeiten vorgehalten, die im Zusammenhang mit der Interaktion zwischen Justiz- und Innenministerium bestehen. Ich sage Ihnen, das mag schon sein, es mag schon sein, daß Sie es nicht absichtlich verspätet machen, aber wenn ein gesetzlicher Auftrag besteht und er nicht erfüllt werden kann, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man schafft die Hindernisse aus dem Weg, oder man ändert das Gesetz und gibt zu, daß man zwei Jahre braucht. Aber das will man offenbar nicht, weil natürlich ein Sicherheitsbericht, der zwei Jahre nachhinkt, viel weniger nahe am Problem ist als einer, der aus dem Vorjahr stammt.

All das sind Aspekte, die es ermöglichen, daß manche auf dem Thema Sicherheit die kleine Münze herunterschlagen, indem sie beliebige Behauptungen über die Entwicklung in der Kriminalität aufstellen können, weil es von der jeweils kurz zurückliegenden Referenzperiode gar keine offiziellen Daten gibt. Dann kann man frei interpretieren oder zum Beispiel – wie das im vorliegenden Fall Kollegin Partik-Pablé gemacht hat – die vielleicht etwas salopp formulierte Aussage von Kollegen Kiss "pro Minute ein Verbrechen" absichtlich mißinterpretieren, indem man einfach mit allen Jahresminuten multipliziert. Das war eine Metapher, würde ich sagen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war nicht salopp! Nein, nein! Das war die Überschrift vom Pressedienst! Das war die Überschrift vom Pressedienst!)

Jetzt braucht er nicht meine Verteidigung, aber es darf nicht sein, daß man solche Dinge in absolute Zahlen umrechnet und sie dann als fix hinstellt. Dann wird zitiert, und an den Stammtischen kursiert diese fixe Zahl. Wenn noch dazu ein Kollege, mit dem ich durchaus gelegentlich meine Differenzen habe, in diesem Fall als Zeuge für etwas mißbraucht wird, was er so gar nicht gemeint haben kann, dann ist das eine Art von Sicherheitsdebatte, die ich nicht mag. Das mag ich nicht. Ich bin mit Kollegen Kiss gewißlich nur ganz selten einer Meinung, aber das, bitte, geht nicht! So kann man das nicht machen.

Es wird dann mit Begriffen wie die Asiaten oder die Russen oder die Italiener oder die Türken herumgeworfen, also in einer völlig allgemeinen, pauschalierenden Form. Natürlich wissen wir, daß das organisierte Verbrechen auch solche Anknüpfungspunkte hat, und natürlich werden, wenn sich Kriminelle in Rußland etwas ausdenken, was sie unter dem Anschein der Legalität hier veranstalten wollen, indem sie eine Firma gründen, die Gesellschafter dann wohl hauptsächlich Russen sein. Das ist schon richtig, aber das ist kein nationalistisches Problem, sondern das ist ein Problem der Herkunft von Verbrechensorganisationen. Diese haben zwar einen lokalen Bezug, aber das – noch dazu in einer Sicherheitsdebatte – so zu überhöhen, als ob das sozusagen ein Wesensmerkmal der Russen, der Asiaten oder der Türken wäre, das dient der Angst und nicht der Sachlichkeit. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, 30 bis 40 Firmen mit russischen Gesellschaftern werden pro Jahr gegründet, die im Verdacht stehen, daß sie der Kriminalität dienen, dann sage ich Ihnen: Jede Firma, die gegründet wird, kann, wenn man es möchte, in den Verdacht gestellt werden, daß sie der Kriminalität dient, weil im Zeitpunkt der Gründung alle Firmen annähernd gleich ausschauen. Sie haben einen Gesellschaftsvertrag, sie haben die Mindestorgane, sie werden in das Firmenbuch eingetragen – das macht üblicherweise ein Notar –, es sind üblicherweise Rechtsanwälte beschäftigt, und sie haben das Mindestkapital oder auch mehr. Das ist ausgewiesen, das steht in den Firmenbüchern.

Das kann natürlich immer alles Schein und Trug sein. Immer ist das möglich. Deshalb brauchen wir Möglichkeiten, das zu hinterfragen, aber zum Gründungszeitpunkt wird das schwer gelingen, es sei denn, Sie sind der Meinung, Firmen zu gründen an und für sich sei das Merkmal des organisierten Verbrechens.

Manchmal denke ich mir, unsere Wirtschaftspolitik hat das Aussehen einer Gründungsverhinderungspolitik und daß man glaubt, das sei vielleicht ein Element der Kriminalitätsbekämpfung – so unsere Gewerbeordnung, die es kaum möglich macht, sich selbständig zu machen, und so weiter und so fort –, aber ich glaube, so hat das Kollegin Partik-Pablé nicht gemeint, denn in diese Tiefe wollte sie nicht vordringen. Aber ich habe manchmal das Gefühl, daß das so ist.


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