Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 220

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

als hier im Parlament! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Kennen Sie das Sprichwort: Principiis obsta – wehre den Anfängen!?)

Herr Kollege Gradwohl hat nach seiner Rede sehr ungläubig geschaut, als Frau Kollegin Pablé einige Bemerkungen dazu gemacht hat. Er hatte mit seiner Äußerung gar nicht so unrecht, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen, aber es anders gemeint, indem er gesagt hat: Man braucht ja keinen Mitgliedsausweis, um zu beweisen, daß die Angaben auch tatsächlich stimmen. – Da hat er wohl recht gehabt, weil er geglaubt hat, daß das gar nicht überprüft wird.

Es besteht auch überhaupt kein Anlaß zur Überprüfung, und ich kann Ihnen auch sagen, warum: Gemäß § 4 muß man nämlich den Meldezettel vollständig ausfüllen, wie der Vorredner gesagt hat. Wenn man bei den Strafsanktionen nachsieht, sieht man, daß dort steht, daß die Meldepflicht dann nicht erfüllt ist beziehungsweise Strafsanktionen nach sich zieht, wenn man diesen Meldezettel nicht vollständig ausfüllt. Und in Abs. 4, drei Absätze weiter, heißt es: "Bei einer An- oder Ab- und Ummeldung sind unrichtige Identitätsdaten straffällig." Die Identitätsdaten bestehen aus Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatszugehörigkeit. Nicht einmal die Angabe des Geschlechts, männlich oder weiblich, ist der Wahrheit unterworfen. Das heißt, es kann jeder beim Geschlecht ankreuzen, was er will, weil das ja nicht bestraft wird. Und es kann letztendlich jeder auch beim Religionsbekenntnis ankreuzen, was er will, weil auch das keine Strafsanktionen nach sich zieht. So sieht das aus!

Überhaupt wird das Meldegesetz auch von anderen Mitgliedern der Bundesregierung etwas locker gehandhabt, und zwar mit Ausdrücken, die es jenen Beamten, die es exekutieren sollen, wirklich nicht leichtmachen. Herr Bundesminister Edlinger hat zwar in seiner Verordnung zur Änderung der Verbrauchersteuerverordnung ein Bundesgesetzblatt herausgegeben, in dem unter 3a steht: "... für Tabakwaren, die im persönlichen Gepäck von Reisenden eingeführt werden, die ihren normalen Wohnsitz im Anbindungsgebiet haben". – Im ganzen Meldegesetz ist der Passus "normaler Wohnsitz" überhaupt nicht zu finden! Wie soll ein Zollbeamter überhaupt bei jemandem vorgehen, der eine Stange Zigaretten einführt und einen "normalen Wohnsitz" angibt oder sagt: Einen "normalen Wohnsitz" gibt es im ganzen Meldegesetz gar nicht. – Ich habe die Leiter der Meldeämter gefragt, und sie haben mich sehr gebeten, eine entsprechende Anfrage an Minister Edlinger zu richten, was ich auch getan habe, weil nicht zum ersten Mal in der österreichischen Gesetzgebung unbekannte Ausdrücke verwendet werden oder der Gesetzestext einander widersprechende Passagen enthält, die den exekutierenden Beamten das Leben wirklich sehr schwer machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordnete Dr. Kier: zweite Wortmeldung. – Bitte.

22.43

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Khol! Ich habe kurz erwogen, eine tatsächliche Berichtigung zu machen, in Anbetracht der noch reichlich vorhandenen Redezeit möchte ich jedoch die Debatte mit Abgeordnetem Klubobmann Khol aufnehmen und jetzt ein paar Bemerkungen machen, denn ich lasse mir viel gefallen, aber nicht Verunglimpfungen dieser Art!

Es entspricht nicht der normalen intellektuellen Redlichkeit eines Universitätsprofessors, so wider seinen eigenen Erkenntnisstand zu argumentieren, wie Sie das hier gemacht haben. Ich bin sehr enttäuscht! Sie können nur von dem geleitet gewesen sein, was man das Gegenteil von Nächstenliebe nennt, nämlich von Haß. Etwas anderes kann Ihren Blick nicht so getrübt haben! Ich sage das ganz deutlich.

Da zum Beispiel in Wien die zweitgrößte Religionsgemeinschaft mittlerweile jene Menschen sind, die sich zu keinem Religionsbekenntnis bekennen, vertreten wir die Meinung, daß der Religionsunterricht nicht alternativlos im Raum stehenbleiben soll. Wir sind der Meinung, daß Werte in einer Gesellschaft etwas sehr, sehr Wichtiges sind, daß sie allerdings im Gewissen der Person ruhen und diese sie selbst entwickeln muß. Wir meinen, daß es auch Konflikte zwischen unterschiedlichen Anschauungsweisen geben kann und daß das konstitutive Element einer


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite