Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 223

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seiner Kirche – das ist ein bißchen mehr als eine Religionsgemeinschaft – bekennt, der schreibt sein Bekenntnis auch auf den Meldezettel. Und wenn ihm das kein Anliegen ist und er sich nicht mehr zu seiner Religionsgemeinschaft und seiner Kirche bekennen will, dann schreibt er es eben nicht darauf.

Wenn Sie unser Parteiprogramm genau gelesen hätten und übrigens auch Ihr eigenes, das Ihres wahren oder unwahren Christenkollegen aus der Österreichischen Volkspartei Fasslabend ... (Bundesminister Dr. Fasslabend: Ich bin ein kämpferischer Christ!) Sie sind ein kämpferischer Christ? Das heißt noch lange nicht, daß Sie ein wahrer Christ sind! Merken Sie sich das! (Heiterkeit.) Das hat Ihr eigener Klubobmann gesagt! Passen Sie auf!

Sie haben das Parteiprogramm geschrieben, und darin ist auch von der institutionellen Trennung von Staat und Kirche die Rede. Die institutionelle Trennung ist ebenso in unserem Parteiprogrammentwurf festgeschrieben. Und "institutionelle Trennung von Staat und Kirche" bedeutet, es den Menschen freizustellen, sich zu bekennen, und sie nicht dafür zu bestrafen, wenn sie sich nicht bekennen wollen. Darauf zielt unser Antrag ab! Daher lasse ich mir nicht unterstellen, lieber Kollege Khol, daß wir das Christentum und das Abendland in Gefahr bringen, nur wenn wir heute vorschlagen, daß man auf dem Meldezettel in Zukunft freiwillig und sanktionslos sein Religionsbekenntnis und seine Kirchenzugehörigkeit bekanntgibt.

Die katholische Kirche – das weiß ich auch, denn ich habe mich mit dieser Frage beschäftigt – hat Datenmaterial in ausreichender Menge, um zweifelsfrei die Zugehörigkeit eines katholischen Christen zur Kirche feststellen zu können und die Beitragsvorschreibung sowie die Beitragseintreibung zu bewerkstelligen. Gott sei Dank gibt es dort auch die Möglichkeit – das sage ich jetzt dazu –, seinen Kirchenbeitrag zu widmen, was ich für eine sehr vernünftige Innovation halte. Hätten wir das vor einigen Jahren vorgeschlagen, hätten wir uns wahrscheinlich von "Seiner Heiligkeit", Andreas von Khol, den Bannfluch und die Exkommunikation eingehandelt!

Meine Damen und Herren! Die Frage ist, wie man zum Bekenntnisprinzip, wie man zur institutionellen Trennung von Staat und Kirche steht, die keine geistige sein muß. Dazu vermisse ich Ihre Haltung, Herr Kollege Khol! Hier hin und wieder einen Debattenbeitrag abzuliefern, der dann in bestimmte Kreise verschickt werden kann, das ist die eine Seite der Politik. Sie haben jedoch an den Entwicklungen, die es in den vergangenen Jahrzehnten, insbesondere in den letzten zehn Jahren, auch in der Tagespolitik – ich habe sie schon erwähnt: gesellschaftspolitisch, schulpolitisch, ausländerpolitisch – gegeben hat, mitgewirkt. Wenn Sie dann aber auch noch den tapferen Christen spielen, dann muß ich Ihnen sagen: Das ist ein bißchen zuviel der Scheinheiligkeit! – Seien Sie mir nicht böse, aber das ist wirklich ein bißchen zuviel der Scheinheiligkeit!

Daher mahne ich Sie: Gehen Sie in sich! Sehen Sie nicht den Splitter im Auge des anderen! Erkennen Sie den Balken in Ihrem eigenen Auge! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ein Wunsch nach einem Schlußwort seitens des Berichterstatters liegt mir nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht in 775 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (Abg. Dr. Khol: Da schau her, die Rede hat gewirkt, die Freiheitlichen stimmen zu, sie haben doch Angst!)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé betreffend Angabe des Religionsbekenntnisses auf dem Meldezettel.


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