Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 55

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Dinge, die ich darin gesehen habe, aus meiner rein menschlichen, ärztlichen, bürgerlichen Sicht darlegen.

Sie haben schon recht: Kunst soll Positives (Abg. Öllinger: Na bitte!) , Negatives darstellen, Kunst soll provozieren (Abg. Öllinger: Ja!) – auch wenn ich Ihr Kunstverständnis jetzt nicht treffe, möchte ich Sie bitten, mir zuzuhören –, wie weit aber soll diese Provokation, meine Damen und Herren, wirklich gehen?

Ich möchte Ihnen das an einem ganz einfachen, alltäglichen Beispiel aus meiner ärztlichen Praxis demonstrieren: Vorige Woche ist eine Mutter mit einem siebenjährigen Kind zu mir gekommen. Ein ganz lieber Bub, er hatte Bauchweh. Ich habe ihn mit dem Ultraschall angesehen, und dieser Bub war ein bisserl auffällig, er war sehr still – man kennt das, wenn man Kinder öfter sieht –, und er hat sehr angsterfüllt in die Welt geblickt. Er hat nicht viel geredet. Er hat im Bauch nichts gehabt. Ich habe ihn umgedreht. Er hatte riesige, große Kratzer von Fingernägeln hinten am Rücken. Ich habe den Rücken weiter unten angesehen. Er hatte einen bis hin zum Damm offenen After, aus dem er geblutet hat. Es war ein Kind, das sexuell mißbraucht wurde.

Das sind Fälle, die mir immer wieder unterkommen. Es sind Fälle, die nicht schön zum Ansehen sind, es sind Fälle, die angezeigt werden, es sind Fälle, in denen die Konsequenz dann oft eine sehr schwierige und oft auch eine mangelnde ist.

Meine Damen und Herren! Sie haben diesen Katalog ja zum Teil gesehen. Es gibt da ein Bild herinnen, das mich an diesen Fall erinnert hat. Ich wollte Ihnen diesen Fall aufzeigen, damit Sie sehen, wie man diese Dinge auch sehen kann. Ich zeige Ihnen dieses Bild nicht deswegen, weil wir da so wahnsinnig lustig diesen Katalog anschauen und weil er so toll ist, sondern ich zeige es Ihnen, weil es aus meiner täglichen Praxis ist. (Die Rednerin hält ein Blatt Papier mit der entsprechenden Darstellung in die Höhe.) Ich möchte, daß Sie das ansehen, denn so wie dieses Bild es darstellt, so hat das Kind mit dem offenen After ausgesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

800, hat Herr Innenminister Schlögl gestern gesagt, 800 anzeigepflichtige Mißhandlungen ... (Abg. Öllinger: Bleiben Sie in Ihrer ärztlichen Praxis!) Lassen Sie mich jetzt ausreden, dann können Sie wieder über Ihr Kunstverständnis reden. 800 Anzeigen wegen Kindesmißhandlung gab es in diesem Jahr in Österreich. Die Dunkelziffer dieser Kindesmißhandlungen ist sehr hoch.

Ich lade Sie ein, schauen Sie sich diese Bilder nicht im Katalog an, schauen Sie sich diese Bilder mit mir in der Wirklichkeit an! (Abg. Öllinger: Wo ist der Zusammenhang?) Vielleicht revidieren Sie dann Ihr Verständnis von dem, was staatlich geförderte Kunst sein soll. Sie haben zuerst das Wort "erbärmlich" für unser Kunstverständnis in den Mund genommen. Wissen Sie, was? Das ist erbärmlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Kiss. 8 Minuten freiwillige Redezeit. – Bitte.

12.09

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich auf einen Bereich im Kunstbericht 1995 beschränken, den wir laut interner ÖVP-Absprache jetzt auch einbringen wollten – Franz Morak hat in einem Teil seiner Ausführungen darauf hingewiesen, Gertrude Brinek ebenfalls –, er betrifft all das, was die Kunstschaffenden immer wieder monieren, nämlich eine gerechte Verteilung von jenen Mitteln, die sowieso knapp sind.

Herr Staatssekretär! Sie kriegen jetzt seit Stunden Ihr "Fett" ab. Selber schuld, könnte ich jetzt etwas flapsig sagen. Als Bürgermeister haben Sie es leichter gehabt, haben Sie sich ein Profil auch in der Kulturpolitik erarbeitet, jetzt haben Sie unter anderem halt auch jene Ohrfeigen mit einzustecken für das, was eigentlich in vielen Dingen Scholten verursacht hat.


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