Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 15

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Abgesehen von dem hohen menschlichen Leid, das mit jedem Arbeitsunfall verbunden ist, betragen die Folgekosten für Arbeitsunfälle nach Berechnungen der EU jährlich 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, also rund 850 Milliarden Schilling, die sicher besser für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zur Verfügung stehen sollten als zur Behebung von Schäden.

In Österreich sinkt die Zahl der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten Gott sei Dank kontinuierlich. So nahmen die reinen Arbeitsunfälle, ohne die Wegunfälle, seit 1990 um 15,3 Prozent ab, die anerkannten Berufskrankheiten sogar um 34,7 Prozent. Lag der durch Arbeitsunfälle verursachte volkswirtschaftliche Schaden im Jahr 1994 noch bei rund 30 Milliarden Schilling, so konnte diese Summe nach einer aktuellen Untersuchung der Bundesarbeitskammer in den Jahren 1995 und 1996 um 3,3 Milliarden Schilling gesenkt werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das sind Kostensenkungen, die den Unternehmungen zugute kommen und nicht nur den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Ich glaube, daß diese Zahlen doch sehr deutlich zeigen, daß wir beim Arbeitnehmerschutz auf dem richtigen Weg sind und daß sich vor allem das Arbeitnehmerschutzgesetz, mit dem wir auch die Mindestvorschriften in der Europäischen Union übernommen haben, positiv auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auswirkt.

Die überwiegende Mehrzahl der Arbeitnehmer in der Europäischen Union und somit auch in Österreich ist in Kleinbetrieben beschäftigt, daher legt zu Recht auch die Europäische Union einen besonderen Schwerpunkt darauf, daß der Arbeitnehmerschutz auch in Kleinbetrieben angewendet und durchgesetzt wird. Die Kommission wird künftig verstärkt darauf achten, daß die Mitgliedstaaten die betriebliche Anwendung der Arbeitnehmerschutzvorschriften effektiv kontrollieren.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Für Österreich geht es daher darum, die Mindeststandards der Europäischen Union zum Arbeitnehmerschutz auch für jene Betriebe zu übernehmen, für die sie noch nicht umgesetzt wurden. In meinem Zuständigkeitsbereich gibt es noch einen Nachholbedarf, nämlich im Landarbeitsrecht, aber auch da sind wir dabei, die Defizite zu beseitigen. Das allgemeine Begutachtungsverfahren endete am 30. September, und ich werde mich bemühen, in Kürze auch dieses Defizit einer Lösung zuzuführen.

Ich glaube aber, sehr geschätzte Damen und Herren, daß wir schon ein gemeinsames sozialpolitisches Verständnis dahin gehend haben sollten, daß alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, egal, ob sie jetzt in einem Kleinbetrieb, einem Großbetrieb oder in einem mittleren Betrieb beschäftigt sind, gleichermaßen den Arbeitnehmerschutzbestimmungen unterworfen sein sollten, und ich möchte sehr offen gestehen, daß ich nicht zufrieden bin mit der Situation, daß im öffentlichen Dienst nicht dieselben Regelungen gelten wie in der Privatwirtschaft. Es ist zwar nicht meine Kompetenz, die ich hier anspreche, aber ich weiß, daß Bemühungen im Gange sind, auch im öffentlichen Dienst, im Bundesbediensteten-Schutzgesetz, schrittweise die Umsetzung der EU-Richtlinien in Angriff zu nehmen. Selbstverständlich gelten die Arbeitnehmerschutzregelungen in jenen Bereichen, wo Bundesdienststellen im privaten Bereich agieren, sodaß keine Wettbewerbsnachteile gegenüber Unternehmen der Privatwirtschaft gegeben sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch noch darauf verweisen, daß immer wieder von Vertretern der Wirtschaft argumentiert wird, daß die Kosten für die Organisation der Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes in keiner Relation zur beabsichtigten Wirkung stehen und sie die Betriebe in finanzielle Schwierigkeiten führen würden. – Sie, sehr geschätzter Herr Abgeordneter, haben dieses Argument soeben auch in Ihrer Rede verwendet.

Ich möchte ein Beispiel aus Deutschland und eines aus Österreich bringen. Bei der Volkswagen AG hat der Arbeitnehmerschutz aufgrund der sozialen Verpflichtung wie auch der ökonomischen Notwendigkeit Vorteile für das Unternehmen gebracht. Aufgrund interner Berechnungen lagen die Kosten für das betriebliche Gesundheitsmanagement der Volkswagen AG beispielsweise 1995 bei 38 D-Mark pro Auto, während die Kosten für einen einzigen Krankenstandstag mit 500 D-Mark anzusetzen waren.


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