Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 16

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Ein österreichisches Beispiel für betriebswirtschaftliche Vorteile durch effiziente Arbeitnehmerschutzmaßnahmen findet sich bei der Vorarlberger Hydro Aluminium Nenzing, die aufgrund eines verbesserten Arbeitnehmerschutzsystems die Arbeitsunfälle von 1988 bis 1995 auf nahezu Null reduzieren konnte, nämlich um 94,7 Prozent. Die damit verbundenen betrieblichen Ausfallstunden konnten um rund 93 Prozent verringert werden.

Dies sind also Beispiele aus der Praxis, konkrete Erfahrungen, wie man durch Arbeitnehmerschutz auch ökonomische und betriebswirtschaftliche Vorteile erzielt.

Ich war vor kurzem bei einer großen Veranstaltung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, bei der auch ein Vertreter des Vorstands von Opel Austria die Bedeutung des Arbeitnehmerschutzes für das Unternehmen und nicht nur für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen herausgestrichen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Peter! Erlauben Sie mir, noch ganz kurz auf den Kostenfaktor der arbeitsmedizinischen Betreuung zu verweisen. Es wird gesagt, daß allein für Unternehmen mit bis zu 100 Arbeitnehmern jährlich insgesamt rund 1,1 Milliarden Schilling aufgewendet werden müssen; ich entnehme das einer seinerzeitigen Veröffentlichung des Liberalen Forums.

Geht man anhand dieser Berechnung aber von den zusätzlichen Kosten aus, die dem einzelnen Betrieb durch die arbeitsmedizinische Betreuung erwachsen, so zeigt sich meiner Meinung nach doch ein anderes Bild. Betrachtet man auf diese Weise einen Betrieb mit 50 Arbeitnehmern, so stellt man fest, daß die betrieblichen Zusatzkosten 39 300 S betragen.

Ich kenne Ihr Argument – Sie verweisen auf die Aussage –, daß es nicht negiert werden kann, wenn da eine Mehrbelastung von 800 S gegeben ist. Auch ich habe ein Kostenbewußtsein, sehr geehrter Herr Abgeordneter, aber es geht immer darum, diese Kosten zu den ökonomischen und betriebswirtschaftlichen Vorteilen in Relation zu setzen. Ich denke, die Beispiele, die ich gebracht habe, zeigen, daß diese Kosten durch die betriebswirtschaftlichen Vorteile auf der anderen Seite bei weitem kompensiert werden können, wodurch ein Nettoerfolg für alle Beteiligten gegeben ist, sowohl für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch für die Unternehmungen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zum Schluß folgendes zu sagen: Mein Ressort ist bemüht, auch hinsichtlich der Umsetzung des Arbeitnehmerschutzgesetzes und der Verordnung praxisorientierte Lösungen zu finden. Ich bin gerne bereit, konkrete praxisfremde, nicht sinnvolle Bestimmungen in Verordnungen und in Gesetzen zu überdenken und gemeinsam einer neuen Lösung zuzuführen, aber ich sehe manche Vorwürfe nicht als objektiv an, zum Beispiel dann, wenn Verwaltungsvereinfachungen, wie etwa bei der Dokumentation, die wir veranlaßt haben, als Erschwernisse betrachtet werden. Manchmal habe ich den Eindruck, daß dieses Argument verwendet wird, um insgesamt zu Lasten des Arbeitnehmerschutzes zu agieren, und nicht, um einen umfassenden Arbeitnehmerschutz für alle Beschäftigten in unserem Land durchzusetzen.

Wir haben uns bemüht, gerade auch bei der Dokumentation eine sehr einfache Form zu finden. Ich konnte aus vielen Gesprächen mit der Wirtschaft erkennen, daß es oft auch mangelnde Information hinsichtlich der Gesetzeslage ist, die dazu führt, daß eine übertriebene Bürokratie hineininterpretiert wird, und ich hoffe, daß es uns gemeinsam gelingen kann, durch Information eine umfassende Akzeptanz des Arbeitnehmerschutzes auch in der praktischen Durchsetzung bei allen, den Klein-, Mittel- und Großunternehmen, zu erreichen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

In der nun folgenden Debatte sind die Redezeiten jeweils mit 5 Minuten begrenzt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.


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