Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 51

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sich dann zu verabschieden, auch heute wieder einmal praktiziert haben. Ich finde das sehr bedauerlich.

Meine Damen und Herren! Nun zu den beiden Punkten, mit denen ich mich im Detail beschäftigen will – ganz wichtig ist mir dabei die Abgrenzung dieser beiden Bereiche voneinander –: einerseits zum konkreten Delikt, der Serie der Brief- und Rohrbombenattentate, der Tötung, der Verletzung, der Bedrohung, der versuchten Einschüchterung von Menschen, und andererseits zur Frage, ob es legitim ist, nach politischen Verantwortungen zu fragen.

Zum ersten, zum Delikt selbst: Mir ist es wichtig – und ich glaube auch, daß das pro futuro für dieses Haus wichtig ist –, peinlich genau zwischen einer politischen und einer kriminellen, einer deliktischen Verantwortung zu unterscheiden. Es ist uns von der grünen Fraktion auch immer dann, wenn wir beispielsweise in Sachen Kurdenmorde oder zu anderen Themen Untersuchungsausschüsse verlangen und begehren, wichtig, von vorneherein festzustellen: Es unterstellt niemand einer Politikerin oder einem Politiker, direkt Delikttäterin oder Delikttäter zu sein, es unterstellt niemand auch nur eine Billigung, ein Gutheißen krimineller Handlungen, und die Frage der politischen Verantwortung ist eine Frage, die nicht von den Polizeibehörden und auch nicht von den ordentlichen Gerichten zu klären ist, sondern eine Frage, die hier im Hohen Haus zu klären ist, was leider allzuoft nicht getan wurde.

Zur Frage des Deliktes selbst: Ich bin doch besorgt beziehungsweise beunruhigt, daß im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Bombenattentäter Franz F. eine ganz merkwürdige Entpolitisierung, teilweise sogar Mystifizierung oder Glorifizierung versucht wird und daß das teilweise auch von sonst kritischen Medien betrieben wird.

So ist zum Beispiel die Rede von einem gewaltigen Denker, von einer Intelligenzbestie, von jemandem mit enormen Fähigkeiten und Kenntnissen. Ich halte es für ganz gefährlich, im Zusammenhang mit einem gemeinen, einem feigen und verabscheuungswürdigen Delikt derartige Worte in den Mund zu nehmen. Ich glaube, das geht nicht an.

Da liegt ein Verbrechen vor, das selbstverständlich von den Behörden mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln aufgeklärt werden muß, und ich hoffe, daß es in Zukunft nicht oder kaum noch Fehlleistungen geben wird und daß diese Deliktserie lückenlos aufgeklärt werden kann. Für Mystifizierungen, für eine Überhöhung dieses Täters gibt es meiner Meinung nach nicht den Funken eines Anlasses, und insbesondere die Polizeibehörden und Vertreter der Polizeibehörden haben sich derartiger Äußerungen zu enthalten. (Abg. Jung: Haben Sie nicht vorhin von der Unschuldsvermutung gesprochen?)

Wenn Sie jetzt so dazwischenrufen, fällt mir ein, daß die unglaublichsten Unterstellungen in diesem Bereich sehr wohl vom jetzt abwesenden Parteiobmann der Freiheitlichen kamen, der – das wurde hier schon zitiert – im Zusammenhang mit den Morden an den Roma irgendwelche Bandenkriege, Fehden und ähnliches unterstellt hat. Das war eine der übelsten Verleumdungen und der übelsten Anschüttungen von Menschen, die sich sicher in einer außerordentlichen Situation persönlichen Schmerzes befunden haben.

Zur Frage der politischen Verantwortung: Diese ist, wie gesagt, von der konkreten Frage des Deliktes zu trennen. Politische Verantwortung heißt nicht kriminelle, strafrechtliche Verantwortung. Daß es aber bei dem in Rede stehenden Delikt um ein politisches Delikt geht, steht außer Zweifel. Es fehlen mir einfach die Worte, wenn Sie angesichts der uns allen vorliegenden Quellen und Beweise, die offenbar von dem oder den Tätern stammen, das wegzuretuschieren versuchen.

Es ist mir wichtig, denn ich komme noch einmal darauf zu sprechen, einige wörtliche Zitate aus den Bekennerbriefen zu bringen. Sie werden sich dann bei den Ausführungen über die politische Verantwortung wundern, wie deutlich manche Parallelen zu erkennen sind.

Es wird im Zusammenhang mit dem verletzten Polizeibeamten von Klagenfurt folgender Satz geschrieben: "Die beiden von uns unabsichtlich geschädigten Herren sollen nach Wien fahren und sich an der Schulter ihrer Tschuschen-Häuptlinge Klestil, Vranitzky, Busek, Mock, Lösch


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