Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 53

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beziehungsweise nicht zu dulden, daß aus Ihrem Apparat gegenteilige Äußerungen gemacht werden (Abg. Scheibner: Das ist wieder ein Unter-Druck-Setzen von Sika!), denn das ist sicherlich verwirrend.

Aber wenn Sie diese Frage erneut ansprechen, dann muß ich Ihnen zum politischen Klima folgendes sagen. Wie gesagt, das hat nichts mit dem Delikt zu tun, ich unterstelle niemandem eine strafrechtliche Handlung. Aber es gibt aus dem Munde des freiheitlichen Parteiobmannes selbst ein Zitat, das ich hier wiedergeben möchte. Ich sage dazu, ich habe diesen Film auch persönlich gesehen. Da heißt es – ich zitiere –: "Wir" – O-Ton! – "haben doch nicht die Türkenkriege vor hunderten Jahren erfolgreich geführt, um auf Umwegen hier eine Veränderung herbeizuführen."

Oder – nächstes Zitat –: "Das ist unser Verständnis von der parlamentarischen Demokratie, das ist unser Verständnis von den Menschenrechten, die, bitte, nicht nur für Ausländer gelten. Auch Österreicher sind Menschen und haben einen Anspruch auf Menschenrechte!" – so, als ob es in Österreich geteilte Menschenrechte gäbe. (Zwischenrufe der Abg. Dr. Ofner und Dr. Graf.  – Abg. Scheibner: Was ist daran so schlecht?!) – Diese Zwischenrufe disqualifizieren Sie selbst! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Da frage ich Sie schon, ob Sie darin nicht auch – selbstverständlich mit aller Mäßigung und in aller Behutsamkeit geäußerte – gefährliche politische Parallelen sehen, die sich, wie gesagt, nicht auf die Tat beziehen, wohl aber auf das politische Klima in diesem Lande und auf das Umfeld. (Abg. Scheibner: Ebergassing!)

Wenn wir aus der heutigen Debatte und aus der hoffentlich jetzt rasch folgenden Gesamtaufklärung Konsequenzen ziehen wollen – und ich denke, das sollten wir, damit diese Debatte Sinn macht –, dann müssen wir, wie ich einmal mehr glaube, die Gesetze im Bereich der Integration, im Bereich des Aufenthaltsrechtes und der Arbeit von Fremden überdenken. Ich glaube, daß darin teilweise rechtliche Konsequenzen vorgesehen sind, die überzogen sind, die rechtsstaatlich einfach zu weit gehen. Zum Beispiel erscheint mir der Verlust der Existenz als Folge einer Fristversäumnis als überzogen und für einen Rechtsstaat untragbar.

Ich glaube auch, daß wir mit den verbalen Diskriminierungen aufhören müssen. Ich denke, es geht nicht an, daß Menschen – auch, wenn sie Unrecht gesetzt haben, auch dann, wenn sie zum Beispiel Verwaltungsvorschriften gebrochen haben – mit dem wirklich bösen Sammelbegriff "Illegale" erfaßt werden (Abg. Jung: Ist das nicht die Wahrheit?!) und aller anderen Aspekte ihres Menschseins beraubt werden. Das wäre doch genauso, als würde man jemanden, der ein anderes Gesetz gebrochen hat, einen Falschparker etwa oder meinetwegen auch einen Dieb, als "Illegalen" bezeichnen. Das ist doch eine Verallgemeinerung, eine Vergröberung, die verletzend ist und nicht angeht!

Meiner Ansicht nach bedarf es auch einer besseren Kontrolle des Verhaltens von Beamten. Es wurde schon etwas darüber gesagt. Einerseits denke ich, man soll solche widersprüchlichen Aussagen nicht im Raum stehen lassen und auch keine Glorifizierungen von Tätern aus dem Polizeibereich zulassen. Es ist aber insbesondere auch das Verhalten von anderen Beamten – Stichwort "Schimmelbescheide", Stichwort "EDV-Bescheide", Stichwort "Abschiebungsbescheide im Akkord" – zu überprüfen. Ich denke, um diesem Klima entgegenzuwirken, wäre derartiges wirklich abzustellen. Es sollen auch für die Zukunft keine falschen Signale gesetzt werden, und zwar gerade, wenn es um klimatische Fragen geht. Wie gesagt: 100 Prozent ja zur Vollziehung rechtsstaatlicher, nicht überzogener Gesetze, aber nein zu falschen Signalen, wie etwa einem Containergefängnis in Schwechat.

Eines vielleicht noch als Letztes, als Lehre: So, wie es ganz offenbar Antisemitismus auch ohne oder nahezu ohne Juden gibt, so, wie es Fremdenhaß unabhängig von der Anzahl oder dem Verhalten von Fremden gibt, so haben wir aus dieser Attentatsserie wohl auch politisch die Lehre zu ziehen, daß überscharfe, überzogene Gesetze kein Schutz vor kriminellen Entgleisungen sind. Diese müssen polizeilich, kriminaltechnisch aufgeklärt werden, aber an uns liegt es, politisch, klimatisch die richtigen Signale zu setzen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.06


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