Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 20

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gierungsparteien verwendet worden. Sie sprachen von einer medialen Inszenierung. Ich werfe Ihnen vor, daß vor allem von seiten des Bundeskanzlers nicht nur gegenüber diesem Haus, sondern auch gegenüber den Gewerkschaften seit dem Sommer eine einzige mediale Inszenierung betrieben worden ist. Daß jetzt noch eine Beschimpfung dieses Hauses und seiner Ausschüsse dazukommt, ist das Tüpfelchen auf dem i, das den Skandal wirklich vollständig macht.

Im Frühsommer, als die Ergebnisse von Rust verkündet wurden, hat es geheißen: Wir ziehen das durch, da können die Gewerkschaften sagen oder machen, was sie wollen! – Wir haben das damals als nicht richtig empfunden, wir waren am sozialen Frieden in Österreich interessiert; wir haben aber auch nicht geglaubt, daß das wirklich so hält. Sie haben gesagt: Wir ziehen das durch! Der Macher Klima hat sich vor die Kameras gestellt und hat sich medial inszeniert. Aber dann ist nächtens – gestern, vorgestern – von dieser Vorgangsweise wieder sehr kleinlaut Abstand genommen worden. Dann gab es wilde Telefonate hin und her, und in der Präsidiale ging es dann darum, ob wir, die Oppositionsparteien, auch sicher zwei Stunden vor den Ausschußsitzungen die Anträge hätten. Ich glaube, die österreichische Bevölkerung wird nicht verstehen, daß Abgeordnete dieses Hauses darum kämpfen müssen, zwei Stunden vorher die vollen Texte zu haben. (Abg. Dr. Kostelka: Das war doch Ihr Vorschlag! Sie haben vorgeschlagen eine Stunde, auf zwei haben wir erhöht!)

Herr Abgeordneter Kostelka! Wir haben sie nicht einmal jetzt. Das, was Sie hier gesagt haben, stimmt ja nicht. Hinsichtlich der Beamtenpensionen, hinsichtlich der Beiträge, hören wir, steht uns jetzt in zweiter Lesung noch eine wesentliche Änderung bevor. Wir haben diese Texte nicht, nicht einmal jetzt, obwohl die Debatte schon begonnen hat. Und das ist wirklich eine Bodenlosigkeit von einem Kanzler, der im Sommer angetreten ist und gesagt hat: Wir legen da ein Jahrhundertwerk vor, wir sichern damit die Rechte der österreichischen Bevölkerung! – Nicht einmal jetzt hat dieses Haus den vollen Text der Reform, und das ist eine Bodenlosigkeit! (Beifall bei den Grünen, den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Kostelka: In der Präsidiale sprechen Sie schon anders!)

Zweitens: Es geht nicht nur um die Rechte der Opposition, es geht nicht nur um den Parlamentarismus. Es ist in aller Welt so, daß die Gewerkschaften, die Sozialpartner natürlich in Verhandlungen einbezogen werden. Die Grünen sind dafür, daß das geschieht. Nur: Wenn Sie nicht einmal Anregungen, Anträge der Opposition, die sich auf jene Bevölkerungsgruppen beziehen, die in der Sozialpartnerschaft gar nicht vertreten sind, berücksichtigen, dann ignorieren Sie nicht nur dieses Haus, sondern weite Teile der österreichischen Bevölkerung.

Ich frage Sie: Was ist mit den Interessen der jungen Leute in diesem Land? Was ist mit den Schulabgängerinnen und -abgängern? Was ist mit den Studierenden? – Die waren von niemandem vertreten. Und diejenigen, die verlangt haben, daß Sie Garantien für die Jugend abgeben, sind in diesen Ausschüssen nicht gehört worden, ihre Anträge sind nicht gebührend behandelt worden.

Welche Motivation sollen die österreichischen Jugendlichen haben, überhaupt noch zu einem System beizutragen, wenn sie ihre Ideen offensichtlich auch nicht durch ihre Volksvertreterinnen und Volksvertreter in die Verhandlungen einbringen können?

Ebenso ist es bei den heute in Beschäftigung Stehenden, vor allem den jüngeren, die der Pension noch nicht nahe sind. Welchen Zusammenhang gibt es mit der Arbeitsmarktpolitik, wenn Sie die Kassen der aktiven Arbeitsmarktpolitik nach wie vor ausräumen? Wie soll ein System funktionieren, wenn dafür keine Vorkehrung getroffen ist?

Drittens: Es sind auch die alten Menschen davon betroffen, nämlich diejenigen, die arm sind. Sie haben jetzt eine Deckelung des Verlustes beschlossen. Ich frage Sie: Was hat jemand zu verlieren, der eine Pension von nicht einmal 10 000 S hat? Ist es wirklich angebracht, da zu sagen: Die verlieren nur 1 Prozent!? (Rufe bei der ÖVP: Null!) Glauben Sie, daß jemand, der eine Pension von nicht einmal 10 000 S hat, auch nur irgend etwas zu verlieren hat? Ich denke, denen müßten wir etwas dazugeben und nicht darüber reden, wie wenig wir ihnen wegnehmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte, die Redezeit einzuhalten.


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