Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 20

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Gredler. In sehr genauer Kenntnis des Dienstrechtes für die öffentlich Bediensteten kann ich Ihnen sagen: Es ist nicht so, daß ein Professor silberne Löffel stehlen müßte, um dienstrechtlich irgend etwas tun zu können. Ich habe den Eindruck, daß man ein paar schwarze Schafe – die es zugegebenermaßen überall gibt – ganz gerne dazu verwendet, einen Grund zu konstruieren, um letztlich einen schonungslosen Abbau betreiben zu können, um beispielsweise einen ganzen Sektor, nämlich die universitäre Lehre und Forschung, in die Defensive zu bringen. In jedem Berufsstand gibt es Personen, die ihre Dienstpflichten nicht sehr genau nehmen, die Schindluder treiben. Aber es ist nicht so, daß der Dienstgeber dagegen nichts tun könnte. Es wäre gerade im Beamtendienstrecht sogar erheblich leichter, etwas gegen Menschen, die ihre Berufspflichten nicht ernst nehmen, zu tun, wenn der Dienstgeber das tatsächlich wollte. Es genügt eine dreimalige negative Dienstbeschreibung, um nicht eine Kündigung, sondern eine fristlose Entlassung vorzunehmen. Ich glaube, daß das in ganz wenigen Ausnahmefällen gerechtfertigt ist, und wenn es dort nicht gemacht wird, dann hat es meiner Meinung nach Methode, um insgesamt den öffentlichen Sektor und gerade den – so sage ich es jetzt einmal – zukunftsorientierten, modernen Sektor in die Knie zu zwingen, in die Defensive zu drängen. Es wird dasselbe, was man oftmals der FPÖ vorwirft, nämlich einen Flüchtling, der vielleicht zu Unrecht irgendeine Sozialleistung bezogen hat, herauszugreifen und damit insgesamt für Diskriminierung, für rassistische Argumentationen einzutreten, von der Regierungsseite im Bereich der Studien massiv betrieben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Gredler!)

Nein, nicht von der Frau Gredler (Abg. Dr. Lukesch: Selbstverständlich!) , sondern von den Regierungsparteien. Es wird kein Ressortchef von den Grünen oder von den Liberalen gestellt, sondern die Ressorts im Bildungsbereich werden, schön aufgeteilt, von der SPÖ und von der ÖVP geleitet, und dort werden im Einzelfall keine Konsequenzen gezogen, denn man braucht, wie gesagt, diese kleine Minderheit, um den gesamten Sektor zu diskreditieren.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß die Bildung insgesamt leider in die Defensive geraten ist. Das hat Methode, das ist angestrebt! Ich müßte eigentlich dem Herrn Bundesminister und den Vertretern der Regierungsparteien sagen: Bravo, Sie scheinen alle Ihre Ziele zu erreichen! Jetzt haben wir das, was Sie immer wollten: eine Abkehr von der Freiheit der Bildung, ein Engermachen des Zugangs, eine Verteuerung, und das wirkt! Ihr Konzept ist ganz offenbar aufgegangen. Sie – insbesondere Sie, meine Damen und Herren vor der Sozialdemokratischen Partei! – wollen das nicht offen aussprechen, denn es klingt nicht gut, wenn man sagt: Das, was wir in den siebziger Jahren und noch in den achtziger Jahren wollten, nämlich mehr Leute zu einer hohen Bildung animieren, Bildung für breite Bevölkerungsschichten, und zwar oberste Bildungslehrgänge gerade für Angehörige unterer sozialer Schichten öffnen, das wollen wir nicht mehr! Davon kehren wir uns ab! (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist eine gemeine Unterstellung!) Das ist keine Gemeinheit, Herr Kollege Niederwieser! Sie wissen das genau, nur, Sie wollen es nicht hören, und Sie machen es daher anders, und zwar, indem Sie zum Beispiel einige schwarze Schafe dulden, damit sich dann andauernd die Rektoren, der Mittelbau, die Studierenden für einzelne Mißstände rechtfertigen müssen. Genau das wird angestrebt!

Herr Kollege Niederwieser! Seit 1970 sind die Ausgaben pro studierender Person um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Ist das die Bildungsoffensive der Sozialdemokratischen Partei? Ist das ein Bekenntnis zu einer Bildung breiterer Bevölkerungskreise? Aber gerade dort, wo die Bildung teurer wird, wie zum Beispiel im naturwissenschaftlichen und im technischen Bereich, aber nicht nur dort, ist ein rapider Trend – wenn Sie sich die Budgetstrukturen anschauen, werden Sie das feststellen können; dies erfolgt unter sozialdemokratischer Mehrheitsbeteiligung – in Richtung Metternich-Staat zu verzeichnen. Im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit, ganz traditionell im Sinne von Schießgewehr und all diesen Dingen verstanden, orte ich nicht denselben Sparwillen. In diesen Bereichen ist es ganz klar: Das müssen wir machen, da sind wir international verpflichtet, Schengen und Co.

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Was ist mit den modernen Teilen des Staates, und zwar dort, wo es um Emanzipation geht, um die Herauslösung von Bevölkerungsgruppen aus der Abhängigkeit, um eine bewußte Förderung der Frauen, um eine bewußte Förderung der Studierenden?


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