Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 119

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6. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (938 der Beilagen): Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (1013 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Liegt ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung vor? – Das ist nicht der Fall, es wird darauf verzichtet. Dann gehen wir sogleich in die Beratungen ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Madl vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.55

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Bevor ich näher auf die Materie der Regierungsvorlage über die Rechtspersönlichkeit von Religionsgemeinschaften eingehe, möchte ich einmal die Zu- und Umstände in den Ausschüssen und Unterausschüssen schildern, damit Sie meine Wortmeldung etwas besser verstehen können.

Wir wurden vorige Woche zu einer Sitzung des Unterrichtsausschusses einberufen, mit dem Ergebnis, daß wir nach einer Wartefrist von einer halben Stunde einem Unterausschuß beiwohnen konnten, der diese Rechtsmaterie behandeln soll. Wir Freiheitlichen haben in diesem Unterausschuß gesehen und reklamiert, daß uns sehr viele Unterlagen und Abänderungsanträge bezüglich dieser Gesetzesvorlage nicht zur Verfügung gestellt wurden. Wir sind im Begutachtungsverfahren an Unterlagen minder bestückt worden. Aber nicht nur wir Freiheitlichen, auch die Grünen und die Liberalen haben denselben Zustand festgestellt. Es wurde uns nicht einmal die Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts zur Verfügung gestellt.

Wir haben damals im Ausschuß wirklich heftigst reklamiert, und nachdem die Regierungsparteien das heruntergespielt und gesagt haben, die Unterlagen werden irgendwo verschwunden sein, vielleicht in den verschiedenen Klubs oder in der Parlamentsdirektion oder sonstwo, haben wir dann einen Antrag auf Vertagung gestellt. Wir haben diesen Antrag auf Vertagung auch begründet, weil wir dieser Gesetzesmaterie mit Mißtrauen gegenübergestanden sind, weil einige Punkte darin verankert sind, die, wie uns damals schien, nicht verfassungskonform sind.

Der Antrag auf Vertagung wurde abgelehnt. Auch unser Ansinnen, zu dieser Materie, bei der wir uns nicht sicher sind, Experten in den Unterausschuß einzuladen, wurde von ÖVP und SPÖ abgelehnt. Am selben Tage, an dem diese Sitzung des Unterausschusses stattgefunden hat, hatten wir aber bereits das zweite oder dritte Expertenhearing in Sachen Frauenvolksbegehren. Dort ist es also gegangen, weil dieser Bereich eben verschiedene Materien umfaßt, in denen Experten den Abgeordneten Hilfestellung bei ihrer Meinungsbildung leisten. Ich habe nicht verstanden, warum das gleiche im Unterrichtsausschuß nicht möglich sein kann.

Man hat zehn Jahre lang gewußt, daß das Anerkennungsgesetz durchforstet werden muß und es eine Novelle dazu geben muß. Man hat das einmal verschwiegen, dann ist es wieder aufgeflackert, immer wieder ist darüber geredet worden, und plötzlich sollte die Angelegenheit in vier Stunden entschieden werden, obwohl wir uns nicht sicher sind, ob sämtliche Punkte, die in dieser Regierungsvorlage enthalten sind, auch verfassungskonform sind. Deswegen erfolgte der Antrag auf Vertagung.

Wir haben dann im Unterausschuß speziell jene Punkte kritisiert, die uns nicht in Ordnung vorgekommen sind, bei denen wir uns nicht sicher waren, ob sie verfassungskonform sind, und zwar waren das jene Punkte, die zusätzliche Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem Anerkennungsgesetz verlangt haben. Zum Beispiel Punkt 2: Anzahl der Angehörigen in der Höhe von mindestens 2 Promille der Bevölkerung Österreichs. – Wir haben gesagt: Würde das nicht Religionsgemeinschaften erster und zweiter Klassen schaffen, nämlich jene, die schon


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