Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 92

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weder EU und WEU noch UNO oder KSZE ohne militärische Elemente der NATO in der Lage sind, die militärischen Sicherheitsprobleme Europas zu lösen;

die NATO – als einzige funktionierende kollektive Verteidigungsorganisation, die sich immer mehr zu einer umfassenden Sicherheitsarchitektur wandelt – der Garant für Stabilität und Frieden in Europa ist, wie die Beispiele der jüngsten Vergangenheit und die Vertragsinhalte (SFOR-Einsatz für die VN, pfp, Grundlagenvertrag mit Rußland et cetera ...) zeigen;

Österreich bereits heute an militärischen Aktivitäten im Rahmen der NATO im Ausland teilnimmt und sich in Zukunft sogar an Kampfeinsätzen beteiligen will;

die Verteidigungsausgaben eines neutralen Kleinstaat doppelt so hoch sein müßten, wie die Beispiele der Schweiz, Schwedens und Finnlands in der Vergangenheit gezeigt haben und

die Notwendigkeit zur Beibehaltung der Neutralität klar verneint werden kann und beginnend mit dem Beitritt zur UNO und seit der EU-Mitgliedschaft (damit verbundene Änderungen der Bundesverfassung) diese de facto auch nicht mehr existent ist.

Aber auch die ÖVP hat in dieser Frage keine klare Linie. Während Verteidigungsminister Fasslabend bis zum Juni 1997 noch für eine Entscheidung über die NATO im laufenden Jahr eintrat, kündigte er im Oktober deren Verschiebung auf den Herbst 1999 an (,Kurier‘, 2. Oktober 1997). Auch wenn sich daraus seiner Ansicht nach ,gravierende Nachteile‘ für Österreich ergeben würden. Vizekanzler Schüssel, der für seine ,pointierten‘ außenpolitischen Betrachtungen bekannt ist, legte sich im Laufe des Jahres auf insgesamt fünf verschiedene Zeitpunkte für die Entscheidung fest und war sich nicht immer ganz sicher, ob er für oder gegen einen Beitritt sein soll und wenn ja: was dies für die Neutralität bedeuten würde. Vor allem aber die ÖVP-LH im Westen Österreichs sind nicht auf Parteilinie zu bringen und halten im Gegensatz zum Parteiobmann, der Österreichs Stellung in der EU ohne NATO-Beitritt gefährdet sah (,Presse‘, 2. Mai 1997), die NATO für ein Konzept, das auf Feinbildern aufbaut (Weingartner, 19. August 1969). Die jüngsten Aussagen von NR-Präsident Neisser und Klubobmann Khol lassen darauf schließen, daß man sich mit einem vorläufigen ,Njet‘ des Moskau-Flügels der SPÖ abgefunden hat.

Die Optionen der österreichischen Sicherheitspolitik

Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsabkommen daher vorerst nur auf die aktive Teilnahme an der PfP geeinigt und auf die Erstellung eines Optionenberichts bis Ende März 1998. Dieser soll die möglichen sicherheitspolitischen Varianten für den Nationalrat zur Entscheidung aufbereiten. Entgegen den Ausführungen der Staatssekretärin Ferrero-Waldner im letzten Außenpolitischen Ausschuß konnte man sich in der interministeriellen Arbeitsgruppe noch nicht einmal auf den Motivenbericht einigen. Glaubt man dem Zweiten NR-Präsidenten Neisser, so wollen Teile der SPÖ nicht einmal die Möglichkeit eines NATO-Beitritts in den Bericht aufgenommen wissen (,Kurier‘, 9. Dezember 1997).

NATO-Mitgliedschaft

Der NATO-Beitritt Österreichs wird und wurde aber nicht nur von verschiedenen österreichischen Politikern und Experten befürwortet – auch vom Herrn Bundespräsidenten Klestil, als Oberbefehlshaber des Bundesheeres und Vertreter der Republik Österreich nach außen, und dem Generaltruppeninspektor Majcen –, sondern auch von vielen europäischen Sicherheitspolitikern (NATO Generalsekretär Solana, ehemaliger WEU-Generalsekretär Van Eekelen u.v.a.) als jederzeit denkbare und sinnvolle Option bezeichnet.

Die NATO selbst entwickelt sich immer mehr zu einem umfassenden Sicherheitssystem. Neben dem reinen militärischen Verteidigungsauftrag wird sie immer stärker zum Akteur der Krisenprävention und des Krisenmanagements, im Rahmen von UNO-Einsätzen, wie zum Beispiel in Ex-Jugoslawien. Nur als Vollmitglied kann sich Österreich an dieser Entwicklung beteiligen und an den Entscheidungsprozessen mitwirken.


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