Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 29

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Prinzip der Individualbesteuerung festzuhalten und auf dieser Basis die Familiensteuerreform zu beraten. Ich kenne das Modell, das seitens der freiheitlichen Fraktion vorgeschlagen wird, es gibt auch andere Vorschläge. Ich bin überzeugt davon, daß diese Modelle und Techniken im Rahmen der parlamentarischen Ausschußberatungen in die Debatte einfließen werden und sicherlich auch in der Diskussion berücksichtigt werden. Aber das, was auf Regierungsebene, das, was zwischen den Koalitionspartnern diskutiert wird, ist eine Familiensteuerreform auf Basis der Beibehaltung der Individualbesteuerung, wobei die speziellen Belange der Familien durch eine Ausnützung der bestehenden Instrumente wie insbesondere von Absetzbeträgen, gekoppelt mit einer Negativsteuer – dann, wenn Absetzbeträge nicht in Anspruch genommen werden können, erfolgt eine Barauszahlung als Negativsteuer –, im Vordergrund stehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage.

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie kennen sicherlich auch Expertenmeinungen, die besagen, daß beide Modelle, die zur Diskussion stehen, also jenes der ÖVP und auch das der SPÖ, dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht entsprechen würden. Es kann aber doch nur in Ihrem Interesse sein, Herr Bundesminister, den Familien in Zukunft nicht nur mehr Geld zuzugestehen, sondern auch eine erkenntniskonforme Lösung zu finden.

Haben Sie vor, den zu erwartenden politischen Kompromiß in den Verfassungsrang zu erheben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Auf den letzten Teil Ihrer Frage kann ich mit einem klaren Nein antworten. Das wird insbesondere von mir und meiner Fraktion ausgeschlossen, schon seit Anbeginn der Debatte. Ich hielte es für nicht gut, ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes mit einer Verfassungsbestimmung zu beantworten und damit die weitere Kontrolle durch die Verfassungsrichter auszuschließen. Das wollen wir im Bereich der Familienbesteuerung ganz sicher nicht.

Andererseits geht es bei der Familiensteuerreform darum, beides zu tun: einerseits den Familien mit einem Volumen von 10 bis 12 Milliarden Schilling zu helfen, mit aus meiner Sicht 6 000 S pro Kind und Jahr – das werden wir erreichen, ich bin hier zuversichtlich –, und auf der anderen Seite technisch eine Regelung zu finden, die, wie auch Finanzminister Edlinger gesagt hat, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Kontrolle der Verfassungsrichter standhalten wird. Beides sind Ziele, die wir uns gesteckt haben. Ich bin zuversichtlich, daß beide Ziele erreichbar sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Ridi Steibl, bitte.

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Bundesminister! Was halten Sie konkret von dem Vorschlag der SPÖ, die Mehrkinderstaffel abzuschaffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr verehrte Frau Abgeordnete Steibl! Ich habe schon darauf verwiesen, daß insbesondere die Mehrkinderfamilien Verlierer in unserer Wohlstandsgesellschaft sind und daß es nicht gut ist, wenn ein Armutsrisiko oder jedenfalls ein Wohlstandsverlust mit steigender Zahl der Kinder, die man hat, eintritt. Das ist familienpolitisch und auch insgesamt nicht gescheit. Wir haben klare Daten, daß Mehrkinderfamilien deutlich häufiger an oder unter die Armutsschwelle geraten, und bei allem menschlichen Glück und bei aller Freude, die solche Familien mit ihren Kindern haben und auch haben sollen, muß man in dieser Situation helfen.

Ich bin der Auffassung, daß sich die Koalitionspartner vor vier Jahren etwas dabei gedacht haben, als sie die Mehrkinderstaffel eingeführt haben. Dabei geht es ja nicht um sehr große Summen. Es geht um 175 S pro Monat und Kind mehr für das zweite Kind und um 350 S pro Monat


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