Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 73

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Wir sollten bedenken, daß sogar richtige gesetzliche Ansätze nichts bewirken und nicht helfen, wenn wir sie nicht ständig evaluieren und sehr rasch auf dabei gewonnene Erkenntnisse reagieren.

Ein solcher Punkt ist eben die Regionalisierung. Wir diskutieren seit Jahren über die Regionalisierung. Wir entnehmen seit Jahren den Berichten der Gleichbehandlungsanwältin so etwas wie einen Hilfeschrei: Das geht nicht mehr, die vorhandene Kapazität ist überschritten! Dies gilt auch – ich darf einen Vorgriff auf den Gleichbehandlungsbericht, den wir ja auch noch im Ausschuß und im Plenum behandeln werden, machen – für den neuen Bericht. Auch diesmal steht drinnen, daß eine weitere Einschränkung vorgenommen werden muß. Nicht nur, daß keine Beratungsgespräche außerhalb Wiens mehr durchgeführt werden können, auch das Versenden von entsprechenden Informationsmaterialien muß eingeschränkt werden, weil es einen so starken Andrang, eine so große Nachfrage nach der Gleichbehandlungsanwaltschaft gibt.

Damit komme ich auch gleich auf den Antrag der FPÖ zu sprechen. Ich habe diesen Antrag nach unseren Ausschußberatungen noch einmal genau durchgeschaut und mir die Materie noch einmal ganz genau überlegt, und möchte versuchen, Ihnen die Argumente aus meiner Sicht und, wie ich meine, aus der Sicht der Mehrheit darzulegen.

Eine der Errungenschaften der Einrichtung der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Einsetzung der Gleichbehandlungsanwältin ist es, eine Person mit dieser Aufgabe zu beauftragen, die nur diese eine Aufgabe hat, um damit so etwas wie Unabhängigkeit und, soweit dies möglich ist, Objektivität zu gewährleisten. In dem Moment, in dem ein Anwalt, eine Anwältin in mehrere Verfahren, in mehrere Klagen und so weiter verwickelt ist – die unter Umständen auch Materien sind, die Frauen betreffen –, können Objektivität und Unabhängigkeit sicher nicht mehr in diesem Ausmaß gewährleistet sein. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ungeheuerlich! – Abg. Dr. Graf: Das ist eine Unterstellung!) Aber eine Person, die nur für diese Aufgabe da ist, gewährleistet das einfach.

Ich unterstelle niemandem etwas – (Abg. Dr. Graf: Selbstverständlich!) hören Sie mir in Ruhe zu! –, ich sage nur, daß eine Person, die dezidiert mit nur einer Aufgabe beauftragt ist, klarerweise in einem weitaus höheren Ausmaß eine Gewährleistung für Unabhängigkeit und eine möglichst objektive Beratung in einer sehr heiklen Situation darstellt. (Abg. Dr. Graf: Wollen Sie damit sagen, daß ein Anwalt nicht unabhängig ist?!)

Wenn Sie den Bericht durchlesen, ihn vor allem unbefangen lesen, dann werden Sie erkennen, daß ein Anwalt nicht diese Gewährleistung für die Unbefangenheit geben kann. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Aber es gibt auch noch ein pragmatisches Argument – Sie brauchen sich nicht aufzuregen –: Lesen Sie den Gleichbehandlungsbericht, der jetzt vorliegt, dann werden Sie sehen, daß diese Gleichbehandlungsanwältin in einem Ausmaß mit diesen Fragen befaßt ist, das gar keine andere, weitere Tätigkeit zuläßt. Nicht einmal Beratungen außerhalb Wiens sind mehr möglich, weil sie in einem solch hohen Ausmaß konsultiert und aufgesucht wird. (Abg. Dr. Graf: Weil es nur eine gibt in ganz Österreich! Aber es sollte 3 500 geben!)

Aber selbst dann – ich kann Ihnen prophezeien, daß das kommt –, wenn wir uns in der Situation befänden, daß wir in allen Bundesländern und Landeshauptstädten Gleichbehandlungsanwaltschaften hätten – ich hoffe, das wird sehr bald der Fall sein –, würde sich die Situation nicht ändern, denn die Erfahrung, die wir hier gemacht haben, zeigt: Ist eine solche Stelle erst einmal eingerichtet, dann wird sie auch frequentiert, und zwar immer häufiger frequentiert, weil die Diskriminierungen der Frauen am Arbeitsplatz einfach ein Ausmaß angenommen haben – auch was die Qualität der Diskriminierungen betrifft –, das solche Beratungen, Unterstützungen und dann auch Schritte der Gleichbehandlungskommission erforderlich macht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte dem diesbezüglichen Bericht nicht allzu sehr vorgreifen, aber eines wird klar, wenn man sich diesen anschaut: Es ist kein taugliches Mittel, andere Stellen damit zu beauftragen. Schon gar nicht sollten Kammern oder unabhängige Verwaltungssenate damit beauftragt wer


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