Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 26

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Was muß sich ein Arbeitnehmer denken, der den Slogan der Wirtschaft "Nur die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze" kennt, wenn er folgenden Brief von seinem Arbeitgeber erhält: Wie Sie wissen, werden jedes Jahr neue Lehrlinge aufgenommen und auch ausgebildet. Dem Betrieb entstehen dadurch wesentlich geringere Krankenkassen- und andere Abgaben. Aus diesem Grund müssen wir das Dienstverhältnis mit Ihnen als Hilfsmonteur lösen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist sicherlich nicht die Beschäftigung, die wir in Österreich brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sehe in dem EU-Beschäftigungsprogramm einen ersten Silberstreif am Horizont. Jetzt kommt es auf die Erstellung der nationalen Programme, aber auch auf die Umsetzung der nationalen Programme an. Auch wenn Österreich im EU-Vergleich eine gute Position einnimmt – mit 4,5 Prozent Arbeitslosigkeit liegen wir hinter Luxemburg mit der geringsten Zahl an Arbeitslosen –, gibt es meiner Auffassung nach keinen Grund, sich zurückzulehnen. Jeder Arbeitslose ist ein Arbeitsloser zuviel, und die meisten Österreicher haben Angst vor der Arbeitslosigkeit. Man vergißt in diesem Zusammenhang oft auch den Wissensverlust, der in vielen Unternehmungen in Österreich dadurch eintritt, daß man Arbeitskräfte entläßt und sich damit auch eines gesunden Stockes an Humankapital entledigt.

Es geht jetzt um die Entwicklung des nationalen Beschäftigungsprogrammes. Wir fordern dazu klare Positionen und Ziele. Ein halbherziges Aktionsprogramm wird weder den Menschen zufriedenstellen, der Angst hat um einen Job, noch die betroffenen Arbeitslosen, die sich um einen Job bemühen. Ein nationaler Aktionsplan für Beschäftigung muß jene, die Arbeit haben, genauso berücksichtigen wie jene, die Arbeit suchen. Er wird aber nur dann ... (Abg. Öllinger: Gibt’s den schon?)  – Er ist zur Begutachtung ausgesandt und steht somit zur Diskussion.

Ein nationales Aktionsprogramm wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn es klar definierte und quantitativ auch darstellbare Ziele gibt. Ich glaube, daß wir uns hier gar nicht etwas Neues einfallen lassen müssen. Wir sollten uns eher ein Beispiel an der Einführung des Euro nehmen. Diesbezüglich haben sich Politiker klare Ziele gesetzt und Zeitabläufe festgelegt. Vor wenigen Tagen wurde deutlich, daß Österreich die Stabilitätskriterien für die Einführung des Euro erfüllt. Daher – und davon bin ich überzeugt – muß es auch möglich sein, daß wir in den kommenden fünf Jahren die Arbeitslosenrate von 4,5 Prozent auf 3,5 Prozent reduzieren und darüber hinaus auch noch Beschäftigung schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Um dieses Ziel zu erreichen, braucht man ein zeitgemäßes Programm, ein Programm, das wieder die Kaufkraft des einzelnen stärkt und somit die Binnennachfrage dementsprechend ankurbelt. Rezepte, wie wir sie jetzt wieder hören, wie etwa Verlängerung der Arbeitszeit, Verringerung der Urlaubsansprüche, Verringerung der Löhne und Abbau des Arbeitnehmerschutzes, demontieren aus meiner Sicht nur das österreichische Sozialmodell. Arbeitsplätze schaffen Sie mit diesen Modellen sicherlich nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Warum kriegen wir den Bericht nicht? Ist das die Demokratie der Sozialdemokratie?)

Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind nicht allein dadurch lösbar, daß man von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern immer wieder eine Anpassung an den Arbeitsplatz verlangt. Innovation und Umverteilung, aber auch andere, neue Produkte sind bessere Alternativen. Wir brauchen eine generelle Wirtschaftspolitik, die die Wirtschaftsforschung, die die Sozial-, Bildungs- und Steuerpolitik bündelt, um somit auch einen Fortschritt in der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Warum hat die "Wiener Zeitung" das und wir nicht?)

Aus unserer Sicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, greifen die EU-Leitlinien viel zu kurz. Die nationale Wirtschaftspolitik muß bei der Erstellung des nationalen Beschäftigungsprogrammes wesentlich breiter angelegt sein. Infrastrukturinvestitionen sind in diesem Hause schon oft genug diskutiert worden, es sind auch Maßnahmen getroffen worden, auch Geld ist dafür vorhanden. Woran es fehlt, ist die konkrete Umsetzung dieser Infrastrukturmaßnahmen. (Ruf bei den Grünen: Wann bekommen wir den Bericht?)


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